Heute um null Uhr hat das neue Jahr begonnen. „Auf die Plätze, fertig, los!“ ist eine Analogie, die mir sofort eingefallen ist. Sie vermittelt Spannung, vielleicht auch ein wenig Vorfreude, Wettbewerb und Konkurrenz. Wettbewerb und Konkurrenz gibt es im Arbeitsleben immer, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Aber es gibt auch eine negative Seite: Verdrängungswettbewerb bis hin zu Monopolisierung und Marktversagen, Wettbewerb auf Kosten von Arbeitsplätzen, der zu sozialem Druck, Ungleichheit und sogar sozialer Spaltung führen kann. Konkurrenz kann auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen führen. So entsteht (Selbst-)Ausbeutung. Sie kann wiederum bis zu psychischen Erkrankungen führen. Wettbewerb führt in der Logik der Marktwirtschaft auch immer zu Wachstum und damit zwangsläufig zu Umweltbelastungen, sowohl bei der Beanspruchung von Ressourcen als auch von Senken.
Hm, kein schönes Bild für den Start ins neue Jahr. Also muss eine andere Analogie her. „Licht, Kamera, Action!“ aus dem Film vielleicht. Nein, da denke ich sofort an Actionfilme, Schüsse und Tod. Angesichts der Kriege auch kein guter Start ins neue Jahr. Aber ich glaube, ich habe es, aus einem sehr nahen Bereich, dem Theater: „Vorhang auf!“.
Ja, die Analogie gefällt mir. Denn am Anfang ist der Vorhang zu. Wir können überlegen und träumen, wie ein schönes Jahr aussehen könnte. Das darf auch mal unrealistisch sein. Wie sieht meine Vision für die kommende Zeit aus?
Wer jetzt einwendet, wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen: Bitte gehen Sie selbst zum Arzt. Denn ohne positive Zukunftsbilder ist noch nie etwas vorangekommen. Solche Visionen zu haben ist nicht abnormal und behandlungsbedürftig. Sie nicht zu haben, ist abnormal.
Meine Visionen sind: Weniger Gewalt, Krieg und Hass. Ganz klar! Mehr soziale Gerechtigkeit und eine funktionierende Daseinsvorsorge. Schööön. Und natürlich eine erfolgreiche Transformation, die sozial gerecht gestaltet und abgefedert wird. Das wäre es!
Und ich muss unweigerlich an die Seligpreisungen der Bergpredigt denken. Wunderschöne Bilder des Zusammenlebens. Ja, für uns Menschen leider alleine unerreichbar und wahrscheinlich erst mit der Vollendung von Gottesreich vollumfänglich erfüllt. Aber das Reich Gottes hat bereits begonnen, so wird uns in der Bibel versichert. Und nach den Seligpreisungen kommt direkt der Abschnitt „Salz und Licht“. Ich lese den als Aufforderung, am Reich Gottes schon heute mitzuwirken. Ein Aufbruch, wie passend für das neue Jahr. Wenn viele von diesem Geist erfüllt sind, dann kann großes, ja sogar Unmögliches bewegt werden. Ja, es fängt bei mir an und ich werde hart an mir arbeiten und versuchen, am Reich Gottes mitzubauen. Es ist kein Sprint, es ist eher ein Pilgerweg.
„Der Vorhang geht auf!“ Was sind Ihre Visionen? Was können Sie tun, damit sie ein Stück weit Wirklichkeit werden?
Thomas Krämer, wissenschaftlicher Referent im kda Bayern
Foto: leonardo.ai, Leonardo Phoenix-Modell