“Okay”, denke ich mir, “du hast es also nicht anders gewollt. Dann halt auf die unfreundliche Tour! Ich habe doch schon so einiges gerade geschafft. Mehrere einzelne Flaschen waren kein Problem, auch zwei Getränkekästen wurden klaglos akzeptiert. Und jetzt? Von dir lasse ich mir gar nichts vorschreiben!”
So nehme ich also diese kleine Rolle gepresstes Metall wieder in meine Hand, drehe sie um wenige Zentimeter nach links und stecke sie wieder in die beleuchtete Röhre zurück. Jetzt klappt es sicher! Die Dose dreht sich lustig hüpfend auf dem Band um die eigene Achse, Lichter zucken rhythmisch immer wieder auf das Metall und – “Gebinde nicht im Sortiment” erscheint auf dem Display. “Aber sowas von im Sortiment!”, grummle ich vor mir her. “Ich habe diese Dose hier gekauft und hier wird es enden!”
Dass mittlerweile schon zwei Menschen hinter mir stehen, um sich ebenfalls an ihrem Glück zu probieren, macht die Sache nicht unbedingt angenehmer. Wieder nehme ich die Dose heraus, drehe sie zum wer weiß wievielten Male um die eigene Achse, stecke sie zurück in den Automaten und das Spiel beginnt von neuem. Drehen, Hüpfen, Lichterzucken. “Pfandsiegel nicht lesbar” erscheint jetzt und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Da dreht sich die Dose, um die eigene Achse, in einer Anmut und Unversehrtheit, als wäre sie nie geleert geschweige denn das Pfandsiegel überhaupt berührt worden. Wir fliegen zum Mond (na gut, schon länger nicht mehr), erfinden unglaubliche Maschinen, arbeiten mit ChatGPT, wir diskutieren über künstliche Intelligenz, und ich scheitere daran, einen grobschlächtigen Automaten davon zu überzeugen, dass das Gebinde sehr wohl im Sortiment ist und dass das Pfandsiegel absolut lesbar ist.
“Was solls?”, resigniere ich. “Du hast gewonnen. Was sind schon 25 Cent, wenn ich die Dose einfach daneben stelle? Vielleicht findet sich ein anderer Glücklicher, der diesen Automaten überlisten kann.” Und während ich so gedankenverloren und frustriert wieder in den Automaten greife, um die Dose eben nicht dem Pfandsystem zu überlassen, höre ich hinter mir einen Mann lachen: “Und wir dachten immer, die Drucker wären die letzte Geisel der Menschheit”.
“Stimmt”, kommt es mir in den Sinn. Drucker! Oh Gott was haben mich diese Geräte Nerven gekostet! Immer war irgendetwas nicht in Ordnung: Das Papier falsch im Einzugsschacht, eine Farbpatrone leer, obwohl man schwarz-weiß drucken wollte oder gerade dann, wenn man es besonders eilig hatte und nur eine Seite schnell drucken wollte, entschied sich das Gerät zu einer ausführlichen und intensiven Druckkopfreinigung. “Stimmt eigentlich”, erwidere ich lachend, “Pfandautomaten sind wohl die Drucker der Neuzeit”.
Ein letztes Mal schaue ich die Dose an. Mit ruhiger Hand lege ich sie erneut auf das Band des Automaten. Ohne Hüpfen diesmal, nur ein leises Geräusch ist zu hören, dann läuft die Dose weiter ihrer Recyclingbestimmung entgegen. Als wenn die Zeit stehen geblieben ist, schaue ich der Dose nach. Sie ist weg. Weitere 25 Cent blinken beim Pfandbetrag und dazu die Frage, ob ich den Pfandbon ausgedruckt möchte oder den Betrag spenden will. Ich muss lächeln bei meinem Triumph über die Technik und drücke auf “spenden”.
Zuhause angekommen, setze ich mich an meinen Rechner und suche nach Bibelstellen zum Thema Geduld. Es kommen viele Vorschläge. “Scheinbar gab es schon zu Zeiten des Alten und Neuen Testaments Pfandautomaten”, belustige ich mich. Da, das ist die Stelle die ich gesucht habe: “Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig.” (Matthäus 24, 13) Sehr schön, den drucke ich mir aus und hänge ihn mir an meinen Bildschirm im Büro, beschließe ich. Also markieren, kopieren, auf drucken klicken und – es passiert nichts. “Farbpatrone ersetzen” sehe ich auf den Display des Druckers und ich werde das Gefühl nicht los, im Hintergrund den Evangelisten herzlich lachen zu hören…
Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig.
Matthäus 24:13
Bleiben Sie beharrlich, bleiben Sie behütet
Diakon Ulrich Gottwald, kda-Regionalstelle Augsburg
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