Es gibt sie tatsächlich, Menschen, die auf der Arbeit miteinander beten, ob etwa im Bundestag, in der Automobilindustrie oder am Flughafen. In ihr Gebet nehmen sie die, mit und neben denen sie tagtäglich arbeiten. Manche mögen dies als unangemessen empfinden. Was hat Religion an einem so säkularen Ort wie der Arbeit zu suchen? Und doch: Wer legt schon seinen Glauben wie einen Hut ab, wenn er sich einstempelt oder einloggt?
Unternehmen finden in der Regel gute Antworten, wenn sie ein Interesse daran haben, dass Menschen auch mit ihren tiefsten Überzeugungen am Ort der Arbeit sein dürfen. Manche bieten einen Raum, den Mitarbeitende unterschiedlicher Glaubensrichtungen gemeinsam nutzen können. Andere unterstützen Betriebsgebetskreise so, wie sie Betriebssportgruppen im Rahmen von Diversityprogrammen fördern. Dies geschieht nicht selten aus der Überlegung heraus, dass es zumindest nicht schadet, wenn Mitarbeitende für den eigenen Betrieb und seine Belegschaft beten.
In der Regel erfolgen diese Gebete diskret, im „stillen Kämmerlein“
(Matthäus 6,6),
zu dem ein Raum im Betrieb für die Zeit des Gebetes wird. So wird der Betriebsfrieden gewahrt entgegen aller Befürchtungen, dass Religion im Betrieb Religionskonflikte in den Betrieb tragen könnten.
Im Gegenteil: für den Betrieb beten heißt auch, für den Betriebsfrieden beten. Es heißt dabei, Gott danken für all das Gute, das im Betrieb sichtbar passiert, Gott das klagen, was Mitarbeitende kollektiv und individuell besorgt und belastet, und Gott bitten für „das täglich Brot“ (Matthäus 6, 11). Letzteres lässt sich in den betrieblichen Kontext vielfältig übersetzen: für ein gutes Betriebsklima, gute Beziehungen zu Lieferanten und Kunden, eine gute Unternehmensentwicklung, gute Arbeit im Betrieb,…
Neugierig geworden? Vielleicht gibt es auch in ihrem Unternehmen oder ihrer Branche Menschen, die im und für den Betrieb beten. Es könnte sich lohnen, sich nach ihnen auf die Suche zu machen. Oder selbst zu beginnen, mit einer Fürbitte für eine Kollegin, deren Not man kennt, einer Klage über einen schwelenden betrieblichen Konflikt oder einem ausgesprochenen Dank für etwas, was einem auf der Arbeit gelungen ist. Alle Betriebsgebetskreise haben so begonnen, mit Menschen, die ihren Betrieb mit in ihr Gebet genommen haben.
Pfarrer Peter Lysy, Leiter kda Bayern
Titelbild: KI-generiertes Bild erstellt mit ChatGPT (OpenAI), 2025.