Reformieren und so spalten vermeiden

Am morgigen Tag soll Martin Luther 1517 seine Thesen in lateinischer Sprache angeschlagen haben. Damit wollte er eine Disputation und keine Spaltung herbeiführen. Es kam bekanntlich anders. Es wurde verunglimpft, verleumdet, abgewertet, unterstellt, niedergemacht, verächtlich gemacht, ja gemobbt. Schnell ging es nicht mehr darum, Sachargumente auszutauschen, in denen das bessere Argument den Stich macht. Es wurden andere Dinge ausgetauscht, beispielsweise im Bauernkrieg. Und auch hundert Jahre später wurden Millionen von blutigen Wunden gesetzt.

Was es bedeuten kann, wenn man den sachlichen Diskurs verlässt, sollte uns also nur zu bewusst sein. Sachliche Diskurse sind die Grundlage eines jeden friedlichen Zusammenlebens und insbesondere einer Demokratie. Beginnt man sein Gegenüber anzugehen, indem man seine Glaubwürdigkeit angreift oder die Person herabwürdigt, dann steigt man selbst aktiv aus diesem Diskurs aus. Nicht mehr das bessere Argument ist das Ziel, sondern es geht rein um den Sieg und die Macht. Man selbst treibt einen Keil in die Beziehung und spaltet.

Selbstverständlich ist ein sachlicher Diskurs kein Garant für gute Ergebnisse oder ein gutes Ende. Natürlich findet man nicht immer das bessere Argument, erzielt einen Kompromiss oder zieht gar harmonisch Arm in Arm von dannen. Aber es ist ein elementarer Unterschied, ob man dem Gegenüber seine Würde belässt und jederzeit wieder das Gespräch suchen kann, oder ob man versucht das Gegenüber mundtot zu machen.

Passiert dies auf breiter Front, dann kommt es zur gesellschaftlichen Spaltung. Wer meint mit solchen Mittel die Demokratie zu verteidigen, der befindet sich auf dem Holzweg. Nein schlimmer, die Person treibt den Weg in die entgegengesetzte Richtung voran. Sie zerstört Grundvoraussetzungen einer jeden echten Demokratie. Die jüngere Geschichte mit Corona, Ukraine- und Gazakrieg zeigt, dass wir in Deutschland auf einem schlechten Weg sind und wie weit bereits auf breiter Front gespalten, diffamiert und diskreditiert wurde. Das sollte uns traurig machen, da es hochgefährlich ist.

Als Gesellschaft müssen wir dringend umkehren und uns ein Stück weit reformieren. Wir müssen wieder neu lernen, andere Meinungen stehen zu lassen, solange sie nicht volksverhetzend ist oder gegen anderes Recht verstößt. Wir müssen neu lernen gelassener und friedfertiger mit Partnern, Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten, Menschen von Nebenan oder weiter weg umzugehen. Und mit wir meinen ich jede einzelne Person in diesem Land, aber insbesondere die, die den Weg des sachlichen Diskurses verlassen haben. Ja, das kann manchmal schwer erträglich sein, aber es ist eine wahrhaft demokratische Grundhaltung und mehr:

„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Matthäus 5,9

Thomas Krämer, kda Nürnberg

Foto: Canva, fizkes
Titel: Älterer Vater und erwachsener Sohn vermeiden es, nach dem Kampf zu reden

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