Zuhören

„Ich höre“, sagt Tatort-Kommissar Borowski, wenn er sich am Telefon meldet. Zwei Worte, die für ihn zu einem Markenzeichen geworden sind. Diese zwei Worte bringen es auf den Punkt. Jetzt bin ich ganz Ohr für das, was mir jemand sagen will. Ich nehme mir Zeit und meine ganze Aufmerksamkeit gehört meinem Gegenüber. Ich höre jetzt zu.

Schön, wenn es immer so wäre.

Im täglichen Leben und in der Arbeitswelt ist es manchmal schwierig, gehört zu werden oder sich Gehör zu verschaffen. Da ärgert sich eine Ehefrau über ihren Mann, weil er ihr nicht richtig zuhört. Eine Ausbilderin ist frustriert, weil die Auszubildenden ihr bei einer Unterweisung nicht richtig zuhören. Oder ein Chef sagt zu seinem Mitarbeiter im Mitarbeitergespräch: „Reden Sie nur weiter.“, während das Telefon klingelt, eingehende E-Mails sich mit Tönen ankündigen, dazu gelegentlich jemand an der Tür klopft und etwas wissen möchte. Vielleicht setzt der Vorgesetzte noch seine Unterschriften auf Dokumente, während er sagt: „Reden sie nur weiter, ich höre.“

Zuhören ist auch ein Zeichen der Wertschätzung, die ich jemandem entgegenbringe oder eben nicht. Zuhören braucht vereinbarte Zeiten und Räume. Zum Zuhören braucht es auch die innere Freiheit, sich voll auf sein Gegenüber einzulassen. Deshalb ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch respektvoll, den zeitlichen Rahmen für ein Gespräch festzulegen und für eine möglichst störungsfreie Umgebung zu sorgen.

Zuhören ist ein aktives Geschehen. Durch mein Zuhören nehme ich nicht nur etwas auf. Ich gebe auch meinem Gegenüber die Möglichkeit, selbst Klarheit zu gewinnen. Nicht selten braucht es dann keinen Ratschlag, weil die Lösung schon vorhanden ist. Sie wurde aber noch nicht ausgesprochen, weil niemand zugehört hat. Und es tut gut und kann heilsam sein, wenn mir jemand zuhört und ich gehört werde.

Zuhören ist nicht einfach. Es wird sogar manchmal als eine Kunst bezeichnet. Zuhören kann verlernt werden und muss manchmal vielleicht wieder neu gelernt werden. Zuhören als Element der Unternehmenskultur? Warum nicht.

Und wenn es still wird im Gespräch? Zuhören ist auch möglich, wenn nichts gesagt wird.

Reden ist begrenzt und auch das Zuhören ist begrenzt. Wenn Worte fehlen, können sich Türen öffnen und vielleicht hört die Seele dann besonders gut.

„Wer Ohren hat zu hören, der höre.“, heißt es in der Bibel

(Mk 4,9)

Zuhören ist schenken und beschenkt werden. Wenn Gott in mein Leben spricht, ist es gut, wenn ich ihn höre. Und wenn ich zu Gott spreche, dann darf ich darauf vertrauen, dass er mir zuhört.

Diakon Roland Hacker, Referent Fachstelle Kirche und Handwerk im kda Bayern

Foto: Canva.com

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