Gottesdienst anlässlich der IAA am 12.09.2021
Geliebte Gemeinde,
eine Woche lang IAA Mobility in München – und die ganze Woche waren und sind Christen in der Automobilindustrie auf der Messe präsent. Wer von Ihnen schon einmal draußen in Riem war, der wird es sich vorstellen können: ganz am Anfang des Parks, der zwischen den A- und B-Messehallen angelegt ist, steht bis heute ein Reisebus der Barmer Zeltmission. Davor einladend Tische und Stühle hergerichtet, an die Menschen zu einem Kaffee und Plausch eingeladen wurden, ein Plausch über Gott und die Welt, die Arbeit bei Autoherstellern und –zulieferern, das Miteinander im Betrieb und vieles mehr. Wir werden noch einiges davon hören.
„Called For Mobility“ / „Zur Mobilität berufen“ – unter diesem Motto steht das, was die Christen in der Automobilindustrie auf der IAA tun.
Wir möchten Ihnen im Folgenden einen Einblick geben in das, was dabei passiert ist, auch als Hinweis und Zeugnis, wie man als Christ im eigenen Berufsalltag sein Licht nicht unter den Scheffel stellt, sondern es vielmehr zum Scheinen bringt.
Ich weiß aus unseren Vorbereitungstreffen, dass das unter euch neben der großen Vorfreude auch einiges Muffensausen bedeutet hat: Wird da alles klappen auf der Messe? Kriegen wir den Bus da gut unter? Bekommen wir uns gut organisiert? Wie gehen wir damit um, wenn wir schwierige, vielleicht sogar unangenehme Gesprächspartner haben?
Es braucht schon Mut und eine gehörige Portion Gottvertrauen, um auf die Beine zu stellen, was ihr gemacht habt. Und ich hatte an den Tagen, an denen ich auf der Messe, den Eindruck, dass euch dieser Mut gelohnt wurde.
„Called For Mobility“ – sich in einer Branche berufen zu fühlen, die sich gerade inmitten eines gesellschaftlichen Großkonfliktes befindet, das geht mal nicht eben von der Hand.
Sie haben es sicherlich mitbekommen, dass die IAA begleitet war und ist von Protestaktionen und Demonstrationen in und rund um München. Wie wir Mobilität gesellschaftlich leben, ist angesichts von Klimawandel und Flächennutzungskonflikten, die gerade in einer Großstadt wie München spürbar werden, strittig geworden. Zugleich habe ich an den Tagen auf der Messe und in den Open Spaces viel Interesse und Begeisterung für das Automobil erlebt.
Wie geht sich das aus? Und wie verhalten wir uns hierzu als Christinnen und Christen? Wir können uns ja nicht nicht-verhalten. Zu sehr prägt Mobilität, das Unterwegssein von A nach B unseren Alltag. Und wir entscheiden tagtäglich, wie wir unterwegs sind.
Ich finde es daher gut und wichtig, dass wir mit den Christen in der Automobilindustrie Fachleute haben, die in ihren Unternehmen Verantwortung tragen, dabei auch den Dialog etwa mit dem Verband der Automobilindustrie pflegen, auch noch die Sprache des Glaubens sprechen und darum ringen, wie sich Christsein mit Mobilität unter den drängenden Fragen unserer Zeit verantworten lässt.
Wenn man sich nun die Frage stellt, was könnte es denn dann heißen, zur Mobilität berufen zu sein, fällt mir ein Satz des amerikanischen Pastors Frederick Buechner ein: „The place God calls you to is the place where your deep gladness and the world’s deep hunger meet.“ Frei übersetzt: „Gott ruft dich dahin, wo deine größte Freude und der größte Hunger der Welt einander treffen.“
Dass ihr große Freude am Automobil habt, keine Frage. Und dass ihr nun auch mitten in einer Branche aktiv seid, die mit einem tiefen Hunger, einer tiefen Sehnsucht konfrontiert seid, der Sehnsucht nach einer Mobilität, die nicht zur Zerstörung unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen beiträgt, das ist, glaube ich, inzwischen allen klar. Daher freue ich mich nun, wenn ihr uns aus eurem Kreis hier berichtet und wir selbst für uns hoffentlich dabei die Frage mitnehmen, wo denn eigentlich unser Ort der Berufung zu finden wäre – in den Worten von Frederick Buechner: wo unsere größte Freude und der größte Hunger der Welt einander treffen.
Autor: Pfarrer Peter Lysy, kda Bayern