Armut in einem reichen Land

Armut hat viele Gesichter: Schulkinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen, Alleinerziehende, die das Geld für Schulfahrt oder Skilager von der Grundsicherung absparen müssen, Rentner, die zur Tafel geht, weil das Geld nicht bis zum Monatsende reicht.

In Deutschland waren im Jahr 2022 gut 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren 20,9 % der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) im Mai 2023 mitteilt. 6,1 % der Bevölkerung waren sogar von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen.

„Die Armutsgefährdungsquote definiert nach EU-Standard den Anteil der Personen, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt.“ (Definition: Stat. Ämter des Bundes und der Länder)

Armut ist häufig weiblich

Armut ist häufig weiblich, alt und krank: d.h., die Gefahr von Armut steigt bei Frauen, bei alten Menschen und Kranken. Ein Indikator für Armut bildet z.B. die Entwicklung von Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern ab: So stieg in den letzten 30 Jahren z.B. die Zahl der Tafeln von 1 auf über 970 mit annähernd 2 Millionen Kund*innen (Stand Januar 2024). Etwa 28 % der „Kund*innen“ sind Kinder und Jugendliche, 24% Rentner*innen.

Wer von Armut redet, muss auch über Reichtum sprechen.

Gleichzeitig wurde die Besteuerung von Vermögen entweder ausgesetzt (Vermögensteuer 1997) oder gesenkt: mehrfache Senkung der Körperschaftsteuer (2001, 2008) und Senkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer (2001–2005).

Sozialethische Aspekte

Soziale Verantwortung ist selbstverständlicher Ausdruck christlichen Glaubens und damit ist die Option für die Armen unmittelbare Konsequenz für ihr christliches Handeln. Insbesondere die biblischen Propheten des Alten Testaments prangern die Armut als zentrales Problem an und rufen zur Umkehr auf (z.B. Amos 2, 6-8; Jesaja 10, 1f.). Dies setzt sich im Handeln und der Verkündigung Jesu fort, wenn er sagt:

„Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.“ (Lukas 6, 20)

In diesem Sinne macht die Denkschrift des Rates der EKD zur Armut in Deutschland im Jahr 2006 deutlich:

„Solange es Menschen gibt, die in Armut leben, bleibt ein Überfluss auf der anderen Seite eine permanente Anfrage an eine Gesellschaft.“

(Denkschrift Gerechte Teilhabe, Ziff. 19, S. 24)

kda und “Armut”

Von daher sehen es die Mitarbeitenden des kda Bayern als eine wichtige Aufgabe an, sich zu den Themenbereichen Armut und Verteilungsgerechtigkeit an Foren und Initiativen in Kirche und Gesellschaft zu beteiligen. So engagieren sie sich beispielsweise in dem Sozialen Netz Bayern.

Darüber hinaus ist es zentral, dass Staat und Gesellschaft Rahmenbedingungen schaffen, die es möglich machen, Armut zu überwinden. Dazu zählen:

  • Den Mindestlohn von derzeit 12,41 Euro weiter deutlich  erhöhen
  • Keine Absenkung des Rentenniveaus nach 2025
  • Sozialisierung der Kosten von Lebensrisiken (Krankheit, Pflegebedürftigkeit…)
  • Die Grundsicherung/das Bürgergeld auf bedarfsgerechtem Niveau halten
  • Zur Finanzierung können die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Vermögensabgabe, höhere Spitzensteuersätze und ggf. Anpassungen bei Erbschafts- und Schenkungssteuer dienen.

Bürgergeld-Bingo: Fakten statt Fake über Armut

Der kda Bayern hat zusammen mit dem Armutsnetzwerk e.V., der Diakonie Deutschland und dem Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt das Bürgergeld-Bingo entwickelt.

Dieses Spiel zeigt auf ernüchternde und informative Weise, wie knapp das monatliche Budget von derzeit 563 Euro für die Deckung aller Lebenskosten ist.

Zum Spiel: Bürgergeld-Bingo

Armut ist im kda in vielerlei Hinsicht Thema, so auch beim Sozialpolitischen Buß- und Bettag in Nürnberg mit Friedhelm Hengsbach (Mitte re.).
Foto: kda Bayern
Ein Kreis in Regenbogenfarben und in dessen Mitte stehen die Worte Das Bürgergeld-Bingo