Armut in einem reichen Land

Armut hat viele Gesichter: Schulkinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen, Alleinerziehende, die das Geld für Schulfahrt oder Skilager von der Grundsicherung absparen müssen, Rentner, die zur Tafel geht, weil das Geld nicht bis zum Monatsende reicht. In Zahlen sind das ca. 19,7 % der Bevölkerung – ca. 16 Mio Menschen – mit steigender Tendenz. (Zahlen: Stat. Bundesamt)
„Die Armutsgefährdungsquote definiert nach EU-Standard den Anteil der Personen, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt.“ (Definition: Stat. Ämter des Bundes und der Länder) Armut ist häufig weiblich, alt und krank: d.h., die Gefahr von Armut steigt bei Frauen, bei alten Menschen und Kranken.

Ein Indikator für Armut bildet z.B. die Entwicklung von Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern ab: So stieg in den letzten 25 Jahren z.B. die Zahl der Tafeln von 1 auf über 930. Jeweils ca. 25 % der „KundInnen“ sind Kinder und Jugendliche bzw. RetnerInnen, über die Hälfte leben von ALG-II. Insgesamt sind das regelmäßig ca. 1,5 Mio Menschen, die zusätzlich auf Spendenbasis versorgt werden.
Gleichzeitig boomt seit 10 Jahren die Wirtschaft, Deutschland geht es seit langen Jahren wirtschaftlich gut. Wer über Armut spricht, darf also über Reichtum nicht schweigen. Armut ist kein Schicksal, sondern vielmehr strukturell „festgebacken“.

Sozialethische Aspekte

Soziale Verantwortung ist selbstverständlicher Ausdruck christlichen Glaubens und damit ist die Option für die Armen unmittelbare Konsequenz für ihr christliches Handeln. Insbesondere die biblischen Propheten des Alten Testaments prangern die Armut als zentrales Problem an und rufen zur Umkehr auf (z.B. Amos 2, 6-8; Jesaja 10, 1f.). Dies setzt sich im Handeln und der Verkündigung Jesu fort, wenn er sagt: „Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.“ (Lukas 6, 20)
In diesem Sinne macht die Denkschrift des Rates der EKD zur Armut in Deutschland im Jahr 2006 deutlich: „Solange es Menschen gibt, die in Armut leben, bleibt ein Überfluss auf der anderen Seite eine permanente Anfrage an eine Gesellschaft.“ (Denkschrift Gerechte Teilhabe, Ziff. 19, S. 24)

kda und „Armut“

Von daher sehen es die Mitarbeitenden des kda Bayern als eine wichtige Aufgabe an, sich zu den Themenbereichen Armut und Verteilungsgerechtigkeit an Foren und Initiativen in Kirche und Gesellschaft zu beteiligen. So engagiert sie sich beispielsweise in dem Sozialen Netz Bayern.

Darüber hinaus ist es zentral, dass Staat und Gesellschaft Rahmenbedingungen schaffen, die es möglich machen, Armut zu überwinden. Dazu zählen:

  • Der Mindestlohn von 12 Euro ist ein Schritt in die richtige Richtung.
  • Rentenabsenkung stoppen
  • Sozialisierung der Kosten von Lebensrisiken (Krankheit, Pflegebedürftigkeit…)
  • Grundsicherung auf bedarfsgerechtem Niveau (560 € bzw. 518 € bei Paaren)
  • Zur Finanzierung können die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Vermögensabgabe, höhere Spitzensteuersätze und ggf. Anpassungen bei Erbschafts- und Schenkungssteuer dienen.
Armut ist im kda in vielerlei Hinsicht Thema, so auch beim Sozialpolitischen Buß- und Bettag in Nürnberg mit Friedhelm Hengsbach (Mitte re.).
Foto: kda Bayern