Die auf ihren Herrn warten

Andacht zu Lukas 12,35f. gehalten anlässlich der Mitgliederversammlung des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU)

Lukas 12,36: Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten.
Lukas 12,35f.: Die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend: So sollt ihr Menschen gleichen, die darauf warten, wann ihr Herr vom Hochzeitsmahl heimkehrt, um ihm, sobald er kommt und klopft, gleich zu öffnen.

Geliebte AEU-Gemeinde,
Sie werden es gemerkt haben: was in Ihrem Programm steht, nämlich die heutige Tageslosung aus dem Neuen Testament, und das, was ich Ihnen gerade vorgelesen habe, ist nicht ganz identisch. Eine Tageslosung ist ja ein Verslein, herausgenommen aus einem biblischen Kontext – und manchmal hilft es, zumindest den engeren Kontext mitzuhören, um besser zu verstehen, was hier angesagt ist. Immerhin ist dieses Verslein ja ein Appell, und wenn wir uns denn als Gemeinde unter dem Wort verstehen, dann nehmen wir für uns in Anspruch, hier auch adressiert zu sein.
Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten. Da kann man sich schon etwas denken, aber noch mehr hilft es doch, von diesen Menschen, die da warten, mehr zu erfahren. Die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend – so wird der Wartemodus beschrieben, in dem sich diese Menschen befinden und in den hinein wir uns auch begeben mögen.

Man muss dazu wissen: wer in Israel seine Lenden gürtete, der schnürte sein Gewand auf Hüfthöhe so fest, dass es nicht im Weg war beim Arbeiten oder Wandern. Eine fest umgürtete Lende, heißt also: „Bereit zum Schaffen. Bereit zum Aufbruch.“ Denn die Lende, das wussten sie im alten Israel, das ist der Ort, wo die Kraft, die Energie sitzt, die Rumpfmuskulatur, der Bauch mit seinem Bauchgefühl, das Iliosakralgelenk, das Scharnier zwischen Ober- und Unterkörper. Und umgürtet kann diese Kraft, diese Energie, dieses Körperscharnier optimal zum Einsatz kommen.
Mehr noch, hier scheint wohl die Haltung durch, die jedes Jahr vom Volk Israel beim Passahfest erinnernd eingeübt wird: die Lenden gegürtet, die Lampen brennend in der Nacht des Aufbruchs aus Ägypten, aus dem Sklavenhaus, auf in das Gelobte Land auf eine Verheißung Gottes hin.
Warten, erwarten, auf eine Verheißung hin: So sollt ihr Menschen gleichen, die darauf warten, wann ihr Herr vom Hochzeitsmahl heimkehrt, um ihm, sobald er kommt und klopft, gleich zu öffnen. Gemeint ist Jesus, der nach der Höllenfahrt und seiner Offenbarung als Lebendiger auf Erden nun zur Hochzeit im Himmel weilt.

„Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.“ So heißt es verkürzt in unserem Glaubensbekenntnis. Lukas beschreibt die Verheißung, die in dieser Rückkunft liegt für die, welche die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend… darauf warten: Selig sind die Knechte, die der Herr bei seiner Ankunft wachend findet! Amen, ich sage euch: Er wird sich umgürten, sie Platz nehmen lassen und herzutreten und sie bedienen.

Das Hochzeitsmahl setzt sich also fort im Haus des Herrn, wenn er erneut in sein Eigentum kommt (Joh 1, 11), und die Seinen ihn nun aufnehmen. ER gürtet jetzt seine Lenden, seine ganze Kraft, seine Vollmacht teilt er jetzt mit seinen Knechten, so wie bei der Fußwaschung in der Nacht, da er verraten ward, so wie beim gemeinsamen Mahl, das die, die sich in seinem Haus versammeln, bis zum heutigen Tage feiern.
Es ist ein Vorgeschmack dessen, was die erwartet, die die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend auf diesen Herrn warten. Ein Vorgeschmack, der das Warten erleichtern möge, in der die Vollmacht der gegürteten Lende dieses Herrn schon jetzt leibhaftig erfahrbar sei.

Geliebte AEU-Gemeinde,
Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten.
Hört dieses Verslein noch einmal – und hört mit, was es euch zu sagen hat. Nehmt es mit in diesen Advent, in der wir uns erneut einüben in eine Haltung, die den Herrn erwartet. Nehmt es mit und behaltet es im Herzen, wenn wir uns im kommenden Jahr unter der Überschrift sehen „Was gilt? Auf der Suche nach Orientierung in einer unübersichtlichen Zeit.“ Nehmt es mit in euer neues Kalenderjahr und sinnt darüber nach, was es für euch in den kommenden Monaten heißt: Die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend: So sollt ihr Menschen gleichen, die darauf warten, wann ihr Herr vom Hochzeitsmahl heimkehrt, um ihm, sobald er kommt und klopft, gleich zu öffnen. Amen.

Autor: Pfarrer Peter Lysy