Kurzansprache zu Prediger 3,1-13 im Themengottesdienst zum Sonntag
Zeit ist für uns zum kostbaren Gut geworden. Auch wenn sich tariflich vereinbarte Arbeitszeiten im Vergleich zu früheren Generationen verkürzt haben und wir demzufolge mehr „Freizeit“ haben, klagen doch viele über Zeitnot.
Unser Leben hat sich beschleunigt. Jederzeit über Handy erreichbar, in Sekundenschnelle via Datenautobahn weltweit vernetzt, für ein Wochenende zur Party nach Mallorca … nur nichts verpassen. Zuerst wurde nur die Herstellung von Waren rationalisiert, indem man die Produktionsprozesse beschleunigte. Jetzt wird unser ganzes Leben rationalisiert. „Gesparte Zeit“ wird gleich wieder reinvestiert, um noch mehr erleben zu können. Der Zeitforscher Karlheinz Geißler sagte dazu einmal: „Wir leben um die Wette“.
Was ist passiert? Wir haben zunehmend verlernt, dass Zeit nicht nur die mit der Uhr messbare Zeit ist, die wir einteilen können und in Terminkalender schreiben können. Zeit ist vielmehr eine Uhr ohne Zeiger. Wir erleben Zeiten ganz unterschiedlich, je nachdem, ob sie uns Freude bereiten oder mit Leid verbunden sind.
Unser Leben ist begrenzt. Das kann uns Angst machen und unter Zeitdruck bringen. Unser Leben steckt aber voller Möglichkeiten und Schätze. Das kann uns neugierig machen, offen für Veränderungen, dankbar und glücklich über Gelungenes, gelassen gegenüber Schwierigkeiten.
Mein Leben ist die Zeit, die mir Gott auf dieser Erde geschenkt hat. So wie mein Leben aus der Hand des Ewigen kommt und, wie wir glauben, am Ende unserer Tage in seine Ewigkeit eingeht, ist alle Zeit bei ihm aufgehoben. Damit wir nicht Zeitsklaven werden, hat er uns den Sonntag geschenkt. Symbol des befreiten Lebens, ohne Zeitangst, ohne Lebensangst. Dieses Symbol im Herzen, lässt uns auch die anderen Tage, die Werktage, die bunten und grauen Alltage anders leben.
„In der Ruhe liegt die Kraft“, sagt ein Sprichwort. In der Ruhe liegt das Geheimnis des Lebens, sagt die Bibel. Damit ist nicht einfach nur Ausruhen und Nichtstun gemeint. Vielmehr die beruhigende Gewissheit, dass Gott es ist, der mir Zeit und Leben schenkt. Die Gelassenheit, die daraus erwächst, hören wir aus vielen Stellen in der Bibel.
Einen Text möchte ich zum Schluss vorlesen.
Lesung: Pred 3, 1-13
1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;
3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;
4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;
5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;
6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;
7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
9 Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.
10 Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen.
11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.
12 Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben.
13 Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.
Amen. Das heißt, darauf dürfen wir uns verlassen.
Quelle: Friedemann Preu, Gottesdienstentwurf im Themenheft „Allianz für den freien Sonntag – Argumente, Service, Mitmach-Aktion“, kda Bayern, 2007.