Es ist die Frage, die sich in der Arbeitswelt letztlich nicht wegschieben lässt, sondern recht verstanden werden will. Oder wollen wir bei der Frage nach der alles bestimmenden Größe des Lebens Gott und Geld verwechseln? Nein, denn nach dem Menschenbild der Bibel hat ein Mensch Augen, um zu sehen, Ohren, um zu hören, und ein Herz, um zu verstehen (5. Mose 29,3).
Im Wirtschafts- und Arbeitsleben drehen sich die Aktivitäten der Menschen in irgendeiner Weise um Güter und Dienstleistungen, die mit Kosten und Preisen, mit Löhnen und Profiten zu tun haben. Es geht um das liebe Geld. Wir müssen dabei aufpassen: Nicht dem Geld, sondern Gott gebührt die größte Aufmerksamkeit. Deshalb sagt das erste Gebot: „Ich bin der HERR dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.“
Martin Luther schreibt zum ersten Gebot im Großen Katechismus: „Die zwei gehören zusammen, Glaube und Gott. Woran du nun, sage ich, dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott … Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles zur Genüge, wenn er Geld und Gut hat; er verlässt sich darauf und brüstet sich damit so steif und sicher, dass er auf niemand etwas gibt. Sieh, ein solcher hat auch einen Gott: der heißt Mammon, d. h. Geld und Gut; darauf setzt er sein ganzes Herz. Das ist ja auch der allgemeinste Abgott auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich in Sicherheit, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und umgekehrt, wer keins hat, der zweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott. Denn man wird ja ganz wenig Leute finden, die guten Muts sind und weder trauern noch klagen, wenn sie den Mammon nicht haben; das klebt und hängt der menschlichen Natur an bis in die Grube.“
Man könnte sich bei diesen kritischen Worten zur Macht und Faszination von Geld und Gut nun eventuell bequem zurücklehnen und denken, so sehr hängt mein Herz nicht am schnöden Mammon, dass ich in Gefahr geraten könnte, Gott und Abgott zu verwechseln. Auch Luther kennt offensichtlich solche intellektuellen Ausflüchte und fährt in seiner Besinnung fort: „Ebenso ist’s auch mit einem, der darauf vertraut und trotzt, dass er großes Wissen, Klugheit, Gewalt, Beliebtheit, Freundschaft und Ehre hat. Der hat auch einen Gott, aber nicht diesen rechten, alleinigen Gott. Das siehst du abermals daran, wie vermessen, sicher und stolz man auf Grund solcher Güter ist, und wie verzagt, wenn sie nicht vorhanden sind oder einem entzogen werden. Darum sage ich noch einmal, dass die rechte Auslegung dieses Stückes ist: Einen Gott haben heißt etwas haben, worauf das Herz gänzlich vertraut.“
Wir können uns in der Beantwortung der Gretchenfrage, wie wir es im Alltag unserer Berufe mit Gott und dem Geld halten, von keinem anderen Menschen vertreten lassen. Das erste Gebot gibt uns aber eine elementare Grundorientierung. Damit wir Gott über alle Dinge fürchten, lieben und ihm vertrauen.
Quelle: Karl-Ulrich Gscheidle, Themenheft 2017 “Arbeit aus Berufung”, Evang. Verband Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt, Hannover