Über Mauern und Abgründe

Ich kann mich sehr gut erinnern, dass unser Kind früher so ziemlich auf allen Mauern balancierte, gleichgültig, wie hoch sie waren. Er ging unbekümmert auf diesen Mauern entlang, als wäre es nichts Ungewöhnliches. Eigentlich konnte ihm auch nichts passieren, denn wir Eltern waren für ihn da und stets in greifbarer Nähe. Doch irgendwann endeten diese Mauern immer. Dann sah er uns mitunter ein wenig ängstlich an.

Was nun?

Einer von uns breitete schließlich seine Arme aus. Dann sprang er in die ausgestreckten Arme ohne jeden Zweifel, dass wir ihn nicht auffangen würden. Ein echter Vertrauensbeweis!

Vertrauen – das brauchen wir in diesen Zeiten sehr. Vertrauen in unsere Mitmenschen, in Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte, in Politikerinnen und Politiker, dass sie mit bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen treffen, vor uns und vor Gott. Und ja, wir steuern gerade von einer politischen Krise in die nächste. So ist das nun einmal. Es war, solange ich zurück denken kann, nicht wesentlich anders.

Friedrich Nietzsche sagte einmal: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Lassen wir uns darum nicht anstecken von der depressiven Stimmung, die sich gerade im Land ausbreitet. Das einzig Beständige ist die Veränderung, so sagt man. Wir sind immer auf einem Weg und nicht an einem Ende. Es gilt, diesen Weg zu gestalten. Damit ein Weg gut werden kann, auch über Hürden hinweg, braucht es ein positives Bild einer guten Zukunft. Um dieses gute Ziel über die Zeit hinweg in sich zu tragen, benötigt es Vertrauen, dass wir es auch erreichen können. Das klingt vielleicht ein wenig naiv, aber es ist nur eine Möglichkeit, unsere Realität zum Guten hin zu beeinflussen.

„Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn; er wird’s wohl machen“. Psalm 37,5

Dieser Bibelvers drückt eine weitere, sehr gute Lösungsstrategie aus: Gott mit ins Boot zu holen. Die Bibel ist voll von Zusagen darüber, dass er stets an unserer Seite steht. Auch er ist für uns da und stets in greifbarer Nähe. Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart lieferten vielfach Zeugnis darüber. Wir dürfen also vertrauen. Und genau daran werde ich erinnert, wenn ich heute noch an den Mauern meines Sohnes vorbei gehe: das Vertrauen, nicht zu fallen.

Diakon René Steigner, kda-Regionalstelle Nürnberg

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