Durch die Frauenbrille – Die Nürnberger Innenstadt lebenswert gestalten

NÜRNBERG. „Wie geht es einer Verkäuferin in der Nürnberger Innenstadt?“ oder „Wo findet eine Mutter mit Kind im Sommer einen schattigen Platz zwischen Lorenz- und Sebalduskirche?“, fragten sich Frauen bei einem Workshop der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zum Thema „lebenswerte Innenstadt“ mit Jaana Hampel und Gudrun Frank. Pendeln, teures Wohnen, Arbeiten, Verweilplätze, Ladensterben, zu viel Pflaster,… – es kamen viele Eindrücke und Ideen zusammen aber auch Kritik und Veränderungsbedarf. Das Treffen war Teil der Vorbereitung zu einem „Runden Tisch Innenstadt“, zu dem ver.di am 22. September einlädt.

Die Innenstadt ist ein Arbeitsplatz

So stellt sich zum Beispiel für die Verkäuferin im Bekleidungsgeschäft in der Fußgängerzone die Frage: Wie komme ich um sechs Uhr morgens gut zu meinem Arbeitsplatz und was esse ich in der Mittagspause – möglichst nicht zu Touristenpreisen. Denn in einem waren sich die Frauen einig: Normale Bäcker oder Metzger sind in der Innenstadt Fehlanzeige. Auch an (schattigen) Sitzgelegenheiten, Spielplätzen, Grünen Zonen oder Toiletten fehlt es nach Ansicht der Teilnehmerinnen. „Auch mitten in der Stadt soll Naherholung möglich sein“, meint eine von ihnen. Baden, Sport, Kultur oder Kinderbetreuung – auch im Stadtzentrum wollen Menschen vielfältige Angebote wie etwa Bücher-Tausch-Regale, eine Wickelmöglichkeit oder einladende Plätze, um sich zu treffen. Bisher sei auch das Pegnitzufer nicht wirklich gut zu nutzen für die Allgemeinheit.

Wohnen – Arbeiten – Einkaufen – Aufhalten – Mobil sein

Einigen ist aufgefallen, dass es immer weniger inhabergeführte, kleinere Geschäfte gibt. „Verlängerte Ladenöffnungszeiten haben kleine Geschäfte aus der City verdrängt“, sagt Gewerkschaftssekretärin Hampel dazu. Ein solcher Vernichtungswettbewerb im Einzelhandel ist destruktiv und macht Innenstädte ärmer, weiß sie aus Erfahrung zu berichten. „Die Stärkung des Einzelhandels stärkt auch die Innenstadt. Gut qualifizierte und bezahlte Mitarbeitende machen guten Service und Beratung – also gehe ich gerne hin“ , so Hampel. Hinzu kommen die hohen Gewerbemieten in der City. Aber auch die Wohnungsmieten im Zentrum sind saftig. Das führt zu einer „Ghettoisierung“: Hier wohnen, da arbeiten, dort einkaufen. Viel sinnvoller wäre es, die verschiedenen Funktionsräume in der City zu durchmischen, finden die Frauen und: Wenn noch ein vom Handel gesponsertes Kundenticket für den ÖPNV dazu käme, würde es den Weg in die City auch attraktiver – weil kostengünstiger – machen.

Runder Tisch: Die City neu denken

Frank stellt Initiativen und Best Practice Beispiel aus verschiedenen Städten vor: Die heißen etwa „Innenstadt 5.0“, „Marktplatz des Lebens“, „Essbare Stadt“ oder „Stadtretter“ und kopieren zum Teil selbst gute Ideen aus anderen Städten. Als Bürgerinnen, Kundinnen, Arbeitnehmerinnen stellen die Frauen fest, dass die Nürnberger Innenstadt eher frauen-unfreundlich ist und die Entscheidungsgremien männerdominiert besetzt sind. All diese Ideen und Eindrücke sollen bei einem runden Tisch für eine lebenswerte Innenstadt am 22. September 2021 am Kornmarkt auf den Tisch kommen, an dem hoffentlich auch einige Entscheider*innen und Vertrete*rinnen aus Parteien und Stadtrat sowie den Kirchen und Kultureinrichtungen oder Markttreibende und Gastronom*innen teilnehmen.

(Foto: Duernstein/ pixabay.com)

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