Ein Brückenbauer nimmt Abschied

NÜRNBERG. Voll besetzt waren die Reihen der Kirche St. Jobst in Nürnberg: Am Mittwoch, dem 28. Juni 2023, wurde Dr. Johannes Rehm mit einem festlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Unter den rund 120 Gästen aus ganz Bayern waren Weggefährt*innen aus Kirche, Gewerkschaften, Politik und Wirtschaft.

Nach Stationen als Gemeindepfarrer in Erlangen und Studierendenpfarrer in Bamberg leitete Dr. Johannes Rehm seit dem Jahr 2006 den kda. Der 1957 in Ingolstadt geborene Rehm lehrte darüber hinaus als apl. Professor für Praktische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Dass der Theologe stets für eine „nach Außen wirkende Kirche“ stand, zeigte die illustre Gästeliste. Unter den anwesenden langjährigen Wegbegleiter*innen waren u.a. der ehemalige Ministerpräsident des Freistaates Bayern, Herr Dr. Günther Beckstein, die Präsidentin der Diakonie Bayern, Dr. Sabine Weingärtner, Professor Dr. Alfred Hierold und Professor Dr. Klaus Raschzok, sowie Dr. Manfred Böhm, Leiter der Betriebsseelsorge des Bistums Bamberg.

Johannes Rehm stellte seine Predigt über 1.Petrus 3, 15 unter das ur-christliche Motiv der Hoffnung:

„Hoffnung ist und bleibt ein Geschenk. Sie bleibt unverfügbar. Wenn sie fehlt, dann mangelt es an Lebensnotwendigem. Wenn sie da ist, geht das Leben weiter.“

Große Sorgen bereiten Rehm die aktuellen Entwicklungen wie Inflation, Energiekrise und Krieg sowie die zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Mit Beispielen aus der Arbeit des kda illustrierte er, dass Hoffnung sich immer auch in konkretem Handeln zeigen müsse:

„Als Menschen der Hoffnung können wir stärken und unterstützen in Situationen, in denen es schwer ist, die Hoffnung zu bewahren. […] Hoffnung in die Gesellschaft hineinzusprechen – das ist keine beliebige von Kassenlagen abhängige kirchliche Zusatzaufgabe, sondern unverzichtbarer existentieller Ausdruck christlichen Glaubens.“

Die Gottesdienstbesucher*innen ermutigte er:

„Gebt dem Evangelium des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus Raum in euren Herzen, euren Gedanken und in eurer Lebensgestaltung.“

Ein Zuhörer mit Herz für die Menschen

Der von Kirchenrätin Bettina Naumann, Oberkirchenrat Stefan Blumtritt sowie Mitarbeitenden des kda gestaltete Gottesdienst griff in Lesungen und Fürbitten immer wieder das Motiv der Hoffnung auf.

Oberkirchenrat Blumtritt entpflichtete Johannes Rehm von seinen Aufgaben und würdigte sein Wirken für die bayerische Landeskirche:

„Du hast dich bei deiner Arbeit im kda intensiv darum bemüht für die Beschäftigten – zum Beispiel bei Betriebskrisen – Partei zu nehmen, dich für den Dialog über eine Wirtschaft um des Menschen Willen in Veranstaltungen der Erwachsenenbildung eingesetzt und dich engagiert für eine Gesellschaft der gerechten Teilhabe aller. […]

Das alles konntest du nur machen, weil du ein Herz für die Menschen hast, die dir anvertraut sind. Ein offenes Ohr gezeigt hast. Zuhören zu können hast du als Chance gelebt und nicht als Belastung erlebt.“

Breites Netzwerk: Gewerkschaft, Handwerk, Wirtschaft, Kirche

Im Anschluss an den Gottesdienst kamen die Gäste im Gemeindehaus von St. Jobst zusammen. Die vier Grußwort-Redner*innen repräsentierten dabei vier zentrale Handlungsfelder des kda: Gewerkschaften, Handwerk, Wirtschaftsunternehmen und Kirche.

Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, hob den gemeinsamen Einsatz von Gewerkschaften und Kirche gegen die Ursachen von Armut und Ungerechtigkeiten hervor. Mit Blick auf die Rolle des kda in der heutigen Wirtschafts- und Arbeitswelt stellte er fest:

„Ihr erfüllt einen wichtigen Auftrag, den wir als Gewerkschaften nicht leisten können. Ihr seid Ansprechpartner in den Betrieben, auf Basis des verbindenden Elements des Glaubens. Ihr seid Kirche am Ort der Arbeit, und damit eine wichtige Stütze für Beschäftigte, wo unsere gewerkschaftliche Kompetenz endet.“

Diese christliche Reflexionsebene in der Arbeitswelt sei in dieser schnelllebigen Zeit wichtiger denn je.

Als Vertreter der bayerischen Wirtschaft sprach im Anschluss Friedbert Warnecke, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Mittelfranken der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Er dankte Rehm dafür, dass dieser ein Mann des Dialogs sei. Der kda-Leiter habe aktuelle Themen aufgegriffen, beharrlich an Lösungen gearbeitet und dabei stets auch ein offenes Ohr für Stimmen aus der Wirtschaft gehabt. Die aktuellen Krisen forderten Wirtschaft und Kirche heraus. Es sei wichtig, gemeinsam Brücken zu bauen. „Sie waren stets ein Brückenbauer“, so Warnecke.

Das Bild einer „Zeit multipler Krisen“ griff Dieter Vierlbeck, Geschäftsführer des Bayerischen Handwerkstages, auf. Der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche dankte Rehm für den gemeinsamen Weg. „Uns verbindet die Sorge um die Menschen.“ Rehm habe in der Zusammenarbeit immer ein Gespür für die richtigen Formate, wie z.B. Handwerker-Gottesdienste, gehabt.

Corinna Hektor, die 1. Vorsitzende des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, schloss die Grußworte mit einer Würdigung des kdas unter Rehms Leitung:

„Ich habe den kda immer als Stimme in der Gesellschaft, die neben allen ganz wichtigen Angeboten zur Solidarität, zur Selbstermächtigung, zur Seelsorge auch ihre Stimme erhebt für die Menschen – das prophetische Amt. Die uns daran erinnert, dass es im Wirtschaftssystem um mehr gehen muss, als um Gewinn. Dass Menschen zählen und dass davon alle profitieren. Ein Dienst, der uns daran erinnert, dass gute Arbeit etwas kostet: Gehalt, gute Bedingungen, Respekt.“

Rehm dankte allen Anwesenden und äußerte seine große Freude darüber, dass mit seinem bisherigen Stellvertreter, Pfarrer Peter Lysy, ein hoch engagierter und sehr qualifizierter Nachfolger als Leiter des „Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt“ bereitstehe.

Bilder: Hacker, Kaltenhäuser, Schürmann / kda Bayern

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