„Es geht um meinen Stolz und meine Würde.“ – Interview mit Betriebsrätin Neli Birks, die um ihre Wiedereinstellung kämpft

MÜNCHEN. Die Entlassung der Betriebsrätin Neli Birks sorgt derzeit für Aufsehen im Einzelhandel. Der Vorgang gilt als Paradebeispiel für Union Busting*. Neli Birks, 45, arbeitet seit 15 Jahre am Flughafen München in einem Duty-Free-Shop von Eurotrade, einer Tochterfirma der Flughafengesellschaft FMG, die dem Freistaat Bayern, dem Bund und der Stadt München gehört. Seit sechs Jahren ist Neli Birks im Betriebsrat engagiert und hat für den Aufsichtsrat kandidiert. Nach ihrer fristlosen Kündigung erhält die Mutter eines elfjährigen Sohnes nun weder Lohn noch Arbeitslosengeld. Der kda hat Neli nach der gescheiterten Güteverhandlung am Arbeitsgericht München interviewt.

Neli, warum wurdest du von Eurotrade gekündigt, was wirft man dir vor?

Dass ich eine Exceltabelle von meiner geschäftlichen Mailadresse zur Weiterbearbeitung an meine private Mailadresse geschickt habe. Das war eine Liste mit Namen von neuen Leiharbeitern, die weder passwortgeschützt war, noch Adressen oder persönliche Telefonnummern enthalten hat. Ich habe diese Liste auch nicht an Broker verkauft oder irgendetwas Illegales damit gemacht. Ich muss als Betriebsrätin einfach die Namen der Kolleginnen und Kollegen kennen. Ich bin ja keine Hellseherin, ich muss bei fast 1000 Beschäftigten nachschauen können, ob eine Person Leiharbeiterin ist oder nicht.

Hast du mit dem Versand der Mail gegen interne Datenschutzrichtlinien verstoßen?

Nein, wir haben in der Firma gar kein Datenschutzkonzept. Es ist in der Firma gängige Praxis, Mails an private Accounts zu senden. Ich kann belegen, dass das hundertfach praktiziert wird – die Geschäftsleitung selbst hat mir über Jahre hinweg zahllose Mails mit diversen Daten an meine private Mailadresse gesendet. Das Ganze ist einfach eine konstruierte Kündigung, um mich fortzujagen, weil ich gewerkschaftlich engagiert bin.

Kommt die Firma damit durch?

Nein, das ist absolut unzulässig. Wir leben im 21sten Jahrhundert, es gibt Rechte. Hier geht es nicht nur um mich, sondern um die Gewerkschaftsarbeit im Handel. Ich lasse nicht zu, dass meine Kolleginnen und Kollegen zitternd zur Arbeit gehen. Jetzt bin ich gesperrt, aber wenn der Arbeitgeber denkt, dass ich für irgendeine Summe auf die Knie gehe, dann hat er sich mit der Falschen angelegt.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Gütetermin hat kein Ergebnis gebracht. Jetzt folgen in den kommenden Monaten die Kammertermine, wo auch die Beweismittel rauskommen. Wenn sie mir etwas vorwerfen, dann möchte ich gern mal die Beweise sehen. Es geht um meinen Stolz und meine Würde. Und es geht auch um alle Kolleginnen und Kollegen, denen Ähnliches passieren könnte.

Dein Fall sorgt im Einzelhandel bayernweit und sogar bundesweit für Aufsehen. Viele Menschen sind heute zu deiner Verhandlung mit Neli-T-Shirts gekommen.

Ja, circa hundert Leute waren heute da! Es wären noch mehr geworden, wenn am Flughafen jetzt nach dem Hochbetrieb zum Oktoberfest nicht so viele Kolleginnen und Kollegen im Urlaub wären. Ich glaube, wenn du im Guten bist mit Gott und mit deinen Nachbarn, Freunden und Kollegen, dann stehen einfach viele Leute hinter dir. Ich habe im Traum nicht daran gedacht, dass sie sogar ein Lied für mich machen würden! „Solidarität mit Neli“, heißt es. Das wird jetzt unser Siegeslied.

Interview: Philip Büttner, kda München
Foto: kda

*Union Busting = engl. für “Gewerkschaft sprengen”, Be- oder Verhinderung von Betriebsratsarbeit und gewerkschaftlicher Interessenvertretung.

 

Arbeitnehmende, Betrieb, Mitbestimmung, Solidarität

Meldungsarchiv

Vorheriger Beitrag
Die schönste Taxifahrt überhaupt

Ähnliche Beiträge