Gefahr von rechts – größer, moderater, umfassender

KOLBERMOOR. Nicht zuletzt die Wahl in Thüringen hat die Frage nach den alten/ neuen rechten Kräften in Politik, Gesellschaft und Arbeitswelt neu entfacht. Die Aktionsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der Evang.-Luth. Kirche in Bayern in Kolbermoor stellte bei ihrer Veranstaltung im Februar deshalb die Frage: „Die Gefahr von rechts – größer, moderater, umfassender?“ Als Referent*in gaben Angelika Graf, MdB a.D., Vorsitzende des Vereins „Gesicht zeigen – Rosenheimer Bündnis gegen Rechts“ und Martin Becher vom Bayerischen Bündnis für Toleranz fundiert Auskunft und praktische Verhaltenstipps.

Immer noch „wir“ und „die anderen“

Martin Becher vom „Bayerischen Bündnis für Toleranz “, bei dem auch kda und afa Mitglied sind, referierte zu Beginn über die Entwicklung der verschiedenen rechten Bewegungen in Deutschland: die alten rechten Parteien wie NPD, die neue Rechte, z.B. die Identitären und zumindest Teile der AfD sowie der terroristische Bereich, z.B. der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Um Parteiverboten zu entgehen, gingen die Rechten stärker von Parteien zu Organisationen ohne feste Mitgliedschaften und Strukturen über wie Kameradschaften und Freies Netz Süd. Rechtes Gedankengut geht von der Unterscheidung zwischen „wir „und „den anderen“ aus. Wir ist die „deutsche Volksgemeinschaft“, die, die dazugehören. Die anderen sind die Ausländer, die Juden, die Moslems, die, die als nicht dazugehörend eingeordnet werden und als Sündenböcke für Missstände herhalten müssen. Es geht also nicht darum, zum Beispiel die gesellschaftliche Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern oder durch mehr sozialen Wohnungsbau die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern, sondern darum (falsch) zu argumentieren, ohne Ausländer u.a. würde es den Deutschen besser gehen. Die Argumentationen der Rechten sind sachlich nicht stichhaltig und lassen sich leicht widerlegen.

Mit Bildung gegen Rechts

Angelika Graf, MdB a.D., Vorsitzende des Vereins „Gesicht zeigen – Rosenheimer Bündnis gegen Rechts“ zeigte das Engagement gegen Rechts vor Ort auf. Der Verein wurde 2000 als Zusammenschluss engagierter Bürgerinne und Bürger aus allen Bevölkerungsschichten in Rosenheim gegründet. Er setzt sich für unsere offene Demokratie ein, ist überparteilich und führt die Auseinandersetzung mit dem aufkommenden Rechtsextremismus und Rechtspopulismus.  Schwerpunkt seiner Arbeit sind Bildungsangeboten, z.B. „Widersprechen. Aber wie?“ und die Pflege der Erinnerungskultur und Aufarbeitung der Nazivergangenheit.

Richtiges Verhalten bei rechten Parolen

In der Diskussion mit den über 40 Teilnehmer*innen der Veranstaltung ging es dann auch darum, wie rechtem Gedankengut und Argumenten begegnet werden kann. Bei Angriffen von extremen und gewaltbereiten Rechten und bei Morddrohungen hilft keine Argumentation, sondern nur die Anzeige bei der Polizei. Bei Menschen, deren rechtes Gedankengut noch nicht so gefestigt ist oder die sich ihm ohne großes Nachdenken angeschlossen haben, ist es am besten, nachzufragen: Was meinen Sie genau? Wo ist Ihnen sowas schon persönlich begegnet (z.B. Bedrohung durch Ausländer)? Durch diese Vorgehensweise werden schwache und widersprüchliche Argumentationen von Rechts offensichtlich und es bestehen am ehesten Aussichten, dass sich diese Menschen wieder vom rechten Gedankengut abwenden. Rein sachliche Gegenargumente befördern eine Konfrontation und führen meist nicht zum Umdenken des anderen. Von verschieden Einrichtungen gibt es Trainings zum Umgang mit Rechten und auch Informationsmaterial mit Argumentationshilfen, z.B. auf der Homepage des Vereins Gesicht zeigen oder auch beim Bündnis für Toleranz.

Titelbild: Die beiden Experten zusammen mit Moderatorin Agathe Lehle (Mitte). (Foto: Heidi Andrä, afa Kolbermoor)

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