Was braucht es für gute Pflege?

DACHAU. „Was braucht es für gute Pflege?“ – unter diesem Motto stand der Sozialpolitische Buß- und Bettag am 22.November in Dachau. Eingeladen hatten die evangelische Friedenskirche in Dachau zusammen mit dem kda Bayern zu einem Abendgottesdienst und einem anschließenden Gesprächsabend mit Katja Krüger, Pflegeberaterin der AOK Bayern für die Region Dachau.

Mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert

In seiner Predigt ging Pfarrer Peter Lysy (kda Bayern) auf den Grund für die Themensetzung des Abends ein. „Einen Menschen zu pflegen kann einen bis aufs Äußerste fordern. Das habe ich selbst erlebt. Und ich erlebe es immer wieder in den Erzählungen von pflegenden Angehörigen, die ich begleite. Und natürlich frage ich mich heute Abend, wie es denn aussieht, wenn man hinter die Türen und Fenster der Häuser unserer Stadt Dachau blickte, hinein in die Schlaf- und Wohnzimmer der Familien, in deren Mitte ein altersschwacher oder schwer kranker Mensch gepflegt wird. Ich frage mich auch, wie es aussieht in den Alters- und Pflegeheimen, den Einrichtungen betreuten Wohnens hier in Dachau.“

Pflege sei zwar inzwischen ein öffentlich diskutiertes Thema. Die Pflegearbeit in den Familien finde vielfach jedoch im Verborgenen statt. Zwar gebe es inzwischen viele Angebote, die pflegende Angehörige entlasten. Dass diese Angebote jedoch oft nicht bekannt sind und genutzt werden, läge auch an einer oft gegenwärtigen Scham bei Angehörigen, in vielem bedürftig und angewiesen zu sein. „Als Pflegender hat man Anteil an der Armseligkeit, Nacktheit und Erbärmlichkeit des Menschen, den man pflegt. Wen diese Worte irritieren, dem möchte ich ein alternatives Wort anbieten: in der Pflege eines Menschen wird man mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert.“, so Lysy mit Bezug auf einen Vers des zu predigenden Bibelabschnitts in Offenbarung 3,17.

Teilkasko Pflegeversicherung

Zwar habe die Politik durch die Einführung der Pflegeversicherung längst reagiert. Doch diese sei lediglich als Teilkaskoversicherung konzipiert. „Das merkt man dann recht schnell, wenn die Pflege zuhause von der Versorgung in einem Pflegeheim abgelöst wird. Nur einen Teil der Rechnung einer Pflegeeinrichtung deckt die Pflegeversicherung ab. Glücklich, wer eine Rente hat, die den Rest finanziert. Sonst ist schnell das Sozialamt im Boot – und im Nachgang die Angehörigen.“

Neben einer nachhaltigen Finanzierung der Pflege und der Unterstützung pflegender Angehöriger bleibe es eine Aufgabe, auch die Situation der professionellen Pflegekräfte zu verbessern. „Es ist weitgehend unstrittig, dass mehr Pflegekräfte benötigt werden, auch angesichts der weiter steigenden Zahl an Pflegebedürftigen. Auch ist bekannt, wie fordernd der Pflegeberuf ist. So arbeiten Pflegekräfte im Schnitt keine zehn Jahre in ihrem Beruf – und ein Drittel aller Auszubildenden bricht die Ausbildung wieder ab.“

Bin ich bereit und fähig, zu pflegen?

Beim anschließenden Gesprächsabend führte Katja Krüger ein in die Fragen, die sich pflegende Angehörige in der Regel stellen. „Zu Beginn einer Pflegesituation sollten Fragen stehen wie: Bin ich persönlich bereit dazu, Pflege zu leisten? Bin ich körperlich und psychisch dazu in der Lage? Kann ich die Pflege mit meinem eigenen Leben vereinbaren? Erhalte ich Unterstützung innerhalb der Familie? Wie gehe ich mit den Themen Alter, Krankheit, Sterben und Tod um?“ Wichtig sei es, solche Fragen für sich oder im Dialog mit einer Pflegeberaterin zu klären, um dann in einem zweiten Schritt gute Pflege zu organisieren.

Eine Pflegeberatung, zu der alle Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, unterstützt dabei Angehörige, aus der Vielzahl der Angebote die richtigen auszuwählen. Die Region Dachau sei dabei mit einer Fülle von professionellen Dienstleistern wie Pflegediensten, Tagespflegeeinrichtungen und Nachmittagsbetreuungen und ehrenamtlichen Netzwerken, die Fahr- oder Besuchsdienste leisten, gut ausgestattet. So bietet auch die Friedenskirche Dachau in Form einer Nachbarschaftshilfe solche Dienste an.

Der Austausch mit den Anwesenden zeigte deutlich, wie viele Fragen und Informationsbedarf es rund um das Thema „Pflege von Angehörigen“ gibt. So lud Thomas Körner, Pfarrer der Friedenskirche Frau Krüger ein, den Kontakt zur Gemeinde zu halten und ihr Angebot im Seniorenkreis der Gemeinde in naher Zukunft vorzustellen.

Titelbild: rawpixel.com

Gottesdienst, Solidarität, Alter, Kirche

Meldungsarchiv

Vorheriger Beitrag
Gesundheitsorientiertes Führen ist ein komplexer Prozess
Nächster Beitrag
Fachgespräch Kirche.Flucht.Arbeit

Ähnliche Beiträge