Hintergrundgespräch zum „Veggie-Eklat“ im kda Bayern

NÜRNBERG. Vegetarische Ernährung kann ein Streitpunkt sein. Dies wurde im letzten Jahr auch anlässlich des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg deutlich. Der Fleischverzicht bei der Frühstücksverpflegung und im sogenannten „Gläsernen Restaurant“ zog die öffentliche Kritik vieler Metzger und Landwirte nach sich.

Der „Veggie-Eklat“, so eine große deutsche Boulevardzeitung, machte bundesweit Schlagzeilen. Und nicht nur bei Metzgern und Landwirten stieß das einseitige Essensangebot auf großes Unverständnis, sondern auch bei vielen Menschen, insbesondere in den ländlichen Regionen.

kda Bayern als Moderator im Konflikt

Aus diesem Anlass lud der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (kda Bayern) und die Evangelische Fachstelle für Ländliche Räume am 25.März 2024 Vertreter beider Seiten zu einem konstruktiven Austausch ein. Da der Kirchentag nicht von der Evangelischen Kirche in Bayern durchgeführt wird, sondern eigenständig auf Bundesebene agiert, könne die bayerische Kirche hier eine moderierende Rolle einnehmen.

An dem Gespräch, das in den Räumen des kda Bayern in Nürnberg stattfand, nahmen Konrad Ammon, Vorstandsvorsitzender und Landesinnungsmeister beim Metzgerhandwerk Bayern, der Präsident des Bayerischen Bauernverbands Günther Felßner, BBV-Geschäftsführer Jochen Loy, die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT) Dr. Kristin Jahn, Mario Zeißig, Leiter der Kommunikation des DEKT, sowie Peter Lysy, Leiter des kda Bayern, Referent Roland Hacker (Kirche + Handwerk im kda Bayern) sowie Dr. Peter Schlee von der Evangelischen Fachstelle für Ländliche Räume teil.

BBV-Präsident: „Wahlfreiheit statt Bevormundung“

In der offenen Aussprache machte Landesinnungsmeister Konrad Ammon deutlich, wie stark die Kritik an der einseitigen Ausrichtung des Essensangebot in den Medien Gehör fand. Gerade die mangelnde Wahlmöglichkeit sei ein Problem und die Maßnahmen des Kirchentags würden in der Öffentlichkeit als erzieherisch wahrgenommen.

„Wir wünschen uns, dass die Gäste beim Kirchentag beim Essen Wahlfreiheit haben und nicht bevormundet werden“, sagte BBV-Präsident Günther Felßner und kritisierte, dass das Verpflegungsangebot fast ausschließliche vegetarisch und biologisch sein sollte.

„Sich nachhaltig und umweltbewusst zu ernähren heißt für mich, auf Ausgewogenheit und kurze Wege der Lebensmittel zu setzen. Zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung gehören auch Tierhaltung und Fleischkonsum. Nur über Tierhaltung lassen sich Wiesen und Weiden oder Reststoffe der Pflanzenerzeugung für die menschliche Ernährung nutzen“, sagte Felßner.

Dr. Peter Schlee von der Evangelischen Fachstelle für Ländliche Räume stellte klar, dass innerhalb der Bayerischen Landeskirche keine Ablehnung von Tierhaltung und Fleischkonsum besteht.

Kirchentag als „Lernraum für gute Ernährung“

Kirchentags-Generalsekretärin Dr. Kristin Jahn erläuterte, dass sich die ökologische Transformation der Landwirtschaft und die Wertschätzung des Metzgerhandwerks und traditioneller landwirtschaftlicher Produktion nicht widersprechen. Nur gemeinsam können Lösungen für die aktuellen Herausforderungen gefunden werden.

Im Ernährungskonzept des Kirchentags seien deshalb Saisonalität, ökologische Erzeugung und Regionalität wichtigere Kriterien als der generelle Verzicht auf bestimmte Lebensmittel. Soweit möglich, werden beim Kirchentag die Landwirte aus der Region als Lieferanten ausgewählt. Der Kirchentag hat den Anspruch, ein Lernraum für gute Ernährung zu sein.

Auch wenn der Kirchentag selbst stärker auf vegetarische Ernährung setzt, gehe es nicht darum, Fleisch als Lebensmittel zu verbieten. Vielmehr möchte der Kirchentag praktische Anreize setzen, um den Fleischkonsum zu reduzieren. Auch logistische und finanzielle Erwägungen würden dabei eine Rolle spielen.

Einladung zur Zusammenarbeit beim Kirchentag 2025 in Hannover

Peter Lysy, Leiter des kda Bayern, der den Nachmittag moderierte, stellte die Frage nach einer weiteren Zusammenarbeit von Metzgerhandwerk, Landwirtschaft und Kirche. Dieser Impuls wurde diskutiert und Kristin Jahn lud sowohl Handwerk als auch Bauernverband ein, sich beim nächsten Kirchentag aktiv zu beteiligen. Geeignete Formate könnten Workshops, Begegnungen oder ein Gottesdienst sein. Damit, so Kristin Jahn, „würden wir uns alle gemeinsam auf neue Wege begeben“.

Im Bild von links nach rechts: Dr. Peter Schlee, Evangelische Fachstelle für Ländliche Räume; Mario Zeißig, Leiter Kommunikation/Service Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT); Peter Lysy, Leiter kda Bayern; Konrad Ammon, Obermeister der Metzgerinnung in Mittelfranken; Dr. Kristin Jahn, Generalsekretärin DEKT; Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV); Jochen Loy, Geschäftsführer der BBV-Kreisverbände Nürnberg-Stadt, Nürnberg-Land und Erlangen-Höchstadt; Roland Hacker, Fachstelle Kirche + Handwerk beim kda Bayern

Kirche, Ethik, Ökologie, Handwerk, Konflikt

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