30 Jahre Solidarität mit Arbeitslosen

FÜRTH. Seit 1994 schafft die „Aktion 1+1 Mit Arbeitslosen teilen“ Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose und unterstützt Jugendliche bei der Ausbildung. „Nicht alle können so wie sie wollen“ lautet das Motto der diesjährigen Kampagne. Am Dienstag, 25. Juni 2024, wurde sie in der Fürther St. Paul Gemeinde vorgestellt. Der bayernweite Kollekten-Sonntag zugunsten der „Aktion 1+1“ findet am 30. Juni 2024 statt. Die von der Evangelisch-Lutherischen Kirche (ELKB) getragene Aktion wird vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (kda) organisiert.

Bis auf den letzten Platz gefüllt waren die Reihen im Gemeindehaus der Fürther St. Paul Gemeinde am 25. Juni 2024. Rund 50 Gäste aus Kirche und Diakonie waren gekommen zum Kampagnen-Auftakt der „Aktion 1+1“. Neben dem Fürther Dekan Jörg Sichelstiehl und der ELKB-Synodalen Christina Flauder waren v.a. Vertreter*innen aus an der „Aktion 1+1“ beteiligten Betrieben vor Ort.


Dass die Fürther Gemeinde Gastgeberin für die Jubiläums-Veranstaltung war, war kein Zufall. Diakon Martin Deinzer, Geschäftsführer der Kindertagesstätten von Sankt Paul, begrüßte die Gäste. Er berichtete von einem langjährigen, hoch geschätzten Mitarbeiter, der einst über eine Förderung von 1+1 in die Gemeinde gekommen sei.

„1+1 bringt Menschen in vollwertige Arbeit“, so Deinzer, „das sind keine Almosen.“

Zu schwere Rucksäcke

Eröffnet wurde die Kampagne von Dorothea Kroll-Günzel vom kda Bayern. „In jedem Leben gibt es Momente, wo es mal nicht weitergeht,“ so die für “1+1“ zuständige Referentin. Viele Menschen würden dank eigener Resilienz, Familie, Freundeskreis und auch finanziellen Ressourcen gut durch Krisen kommen, erläuterte Kroll-Günzel.

„Und dann gibt es die Menschen, die zu große Lasten, zu schwere Rucksäcke mitschleppen durch instabile Herkunftsfamilien, Fluchterfahrungen, Scheidung oder Tod von nahen Angehörigen, Suchtprobleme, Sprachprobleme oder Lernbehinderungen.“


„Nicht alle können so wie sie wollen …“

Während ihrer langjährigen Tätigkeit für „1+1“ habe sie gelernt, dass es zu jeder Zeit Menschen gäbe, die auf die Unterstützung von Kirche und Diakonie angewiesen seien, um gut im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Diesen Umstand greife das Kampagnen-Motto 2024 auf:

„Nicht alle können so wie sie wollen … Zum Glück fördert 1+1 Arbeitsplätze.“

Das Grußwort der kurzfristig verhinderten ELKB-Synodalpräsidentin Dr. Annekathrin Preidel hielt im Anschluss Christina Flauder in ihrer Funktion als Mitglied der Landessynode sowie des Vergabeausschusses der „Aktion 1+1“.

Persönliche Erfahrungen

In ihrer Tätigkeit als Personalratsvorsitzende habe sie immer wieder Menschen erlebt, die im Arbeitsleben scheiterten, so Flauder. Die Unterstützung der „Aktion 1+1“ sei ihr auch aus diesen persönlichen Erfahrungen ein Herzensanliegen.

Auch im Jahr 2024 relevant

Das von Flauder verlesene Grußwort der Synodalpräsidentin Dr. Preidel erinnerte an die Anfänge der „Aktion 1+1“. In den frühen 1990er Jahren sei die hohe Arbeitslosigkeit DAS sozialpolitische Thema in der Bundesrepublik gewesen. Diese Missstände hätten den damaligen Synodalen keine Ruhe gelassen, sie seien aktiv geworden und auf einer Synode 1994 hätten sie die „Aktion 1+1“ ins Leben gerufen.

Auch heute stelle sich noch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, so Synodalpräsidentin Preidel in ihrem Grußwort weiter. Arbeitslosigkeit gefährde den sozialen Frieden und gerade deshalb sei die Arbeit der „Aktion 1+1“ so wichtig.

„Hinter 1+1 steht das Bild einer Gemeinschaft, die Verantwortung und Solidarität ernst nimmt.“

Ein Lichtblick in düsteren Zeiten

Die anschließende Andacht wurde von Pfarrer Peter Lysy gehalten. Der Leiter des kda Bayern drückte seinen großen Dank aus, dass die Ev.-Luth. Kirche in Bayern in diesen Zeiten weiterhin zur Aktion 1+1 stehe. Die Aktion sei, so Lysy, „ein sehr, sehr praktischer Widerspruch gegen all jene, die öffentlich das Bild von Erwerbslosen befeuern, die sich angeblich vom Staat und damit vom hart arbeitenden Steuerzahler aushalten lassen.“

„Für mich ist dies ein Lichtblick in einer immer düsterer werdenden nationalen Sozialneiddebatte“, fand Lysy klare Worte.

Der Termin in Sankt Paul war auch Anlass zu Abschied und Dank. Nach 12 Jahren Verantwortung für die „Aktion „1+1“ wurde Dorothea Kroll-Günzel in den Ruhestand verabschiedet.

In seiner Andacht und der anschließenden Entpflichtung blickte Lysy auf Kroll-Günzels Wirken zurück:

„12 Jahre deines Berufsweges warst du mit der Aktion 1+1 und dem kda Bayern unterwegs. 12 Jahre, in denen die Aktion 1+1 hunderte und aberhunderte von Menschen in Arbeit integriert haben, die andernfalls keine Chance auf dem Arbeitsmarkt gehabt hätten.“

Mit Bezug auf Psalm 119,46 schloss Lysy:

„Ich rede von deinen Zeugnissen vor Königen und schäme mich nicht.“ Mit diesem Wort aus dem 119.Psalm gedenken wir heute der Augsburgischen Konfession, der Bekenntnisschrift, der wir als Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern folgen. Und du, liebe Dorothea, hast im Sinne dieses Psalmworts gezeugt, ja überzeugt, vor Synodalen und Kirchenleitenden, vor Politikern und Politikerinnen, etwa in der Arbeitslosenkonferenz. Du hast zu wichtigen Zeugnissen und Dialogforen über die Situation erwerbsloser und von Armut betroffener Menschen beigetragen.“

Es geht weiter!

Im Anschluss an Eröffnung, Andacht und Entpflichtung schlossen sich die vielen langjährigen Weggefährt*innen diesem Dank an. Dass es mit der „Aktion 1+1“ erfolgreich weitergeht, davon waren alle Anwesenden überzeugt. Kroll-Günzels Nachfolger Samuel Kreysler (Foto ganz oben 2.v.re.) aus der kda-Regionalstelle Regensburg gab dieser Hoffnung ein Gesicht.

Über die Aktion „Aktion 1+1“:

Ziel der „Aktion 1+1“ ist es, neue Perspektiven und Chancen für langzeitarbeitslose Menschen und für Jugendliche zu ermöglichen, denen es schwerfällt einen regulären Ausbildungsplatz zu finden. Jeder gespendete Euro wird dabei aus Haushaltsmitteln der ELKB verdoppelt. Im vergangenen Kampagnenjahr hat die Aktion mit 1,099 Millionen Euro rund 268 Arbeits- und etwa 81 Ausbildungsplätze bezuschusst und 300 Arbeitsgelegenheiten für sogenannte Ein-Euro-Jobber gefördert. Partner*innen der „Aktion 1+1“ sind diakonische Betriebe und Werkstätten, Kirchengemeinden und Vereine.

Weitere Informationen und Spendenmöglichkeit: Webseite „Aktion 1+1“ 

Fotos: Roland Hacker, kda Bayern 

Bildung, Arbeitslosigkeit, Gerechtigkeit, Solidarität, Kirche, Betrieb, Ausbildung

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