Immer mehr Deutsche über 65 Jahren gelten als arm oder armutsgefährdet. Frauen sind besonders betroffen, weil ihre Erwerbsbiografien häufiger unterbrochen werden und die Löhne oft niedriger sind als die von Männern. Eine sozial gerechte Rentenpolitik muss ein würdiges Leben im Alter ermöglichen, Altersarmut verhindern und die strukturellen Fragen zur Erwerbstätigkeit von Frauen aufgreifen.
Frauen sind häufiger als Männer teilzeitbeschäftigt oder arbeiten in Minijobs. Frauen erhalten daher im Durchschnitt nur 2/3 des Renten-Betrages der Männer. Damit liegt die Rentenlücke, der „Gender Pension Gap“ mit 34% deutlich höher als der Verdienstunterschied von 22% zwischen Frauen und Männern während der Erwerbsphase.
Dicke Socken und Warten auf den Sommer
Die Altersforscherin Irene Götz von der Ludwig-Maximilians-Universität München sagt:
Unsere Gesprächspartnerinnen konnten ihre Existenz oft nur durch rigorose Sparmaßnahmen sichern: Manche heizten nur noch ein Zimmer in ihrer Wohnung, suchten den ganzen Tag nach billigen Lebensmitteln, kochten Kohlrabi-Blätter aus, die im Supermarkt weggeworfen wurden, oder ließen ihre Zahnschmerzen nicht mehr behandeln.
Viele der befragten Frauen stammten aus gutbürgerlichen Milieus. Ihr sozialer Abstieg habe mit der Scheidung und den gestiegenen Kosten im Single-Haushalt begonnen.
Der Grund: Nach der Trennung sei es den Frauen, die sich um Haus und Kinder gekümmert hatten, nicht gelungen, einen Job zu finden, der das Alter absichert oder imstande ist, verlorene Versicherungszeiten aufzuholen. Daher sei es wichtig, bereits frühzeitig aufzuklären, welche Folgen Teilzeitbeschäftigung im Beruf und traditionelle Rollenverteilung in der Familie haben.
Jede vierte Frau in einer Paarbeziehung ist finanziell abhängig
Das Thema ist auch bei jüngeren Paaren aktuell. So stellte das Statistische Bundesamt fest, dass sich traditionelle Rollenmuster hierzulande nur langsam wandeln. Auch bei Paargemeinschaften jüngerer Generationen lebte im Jahr 2014 rund ein Viertel der Frauen überwiegend von den Einkünften Angehöriger.
Und das unterscheidet sie nicht von den Paaren über 65 Jahre, bei denen ebenfalls 25 Prozent der Frauen überwiegend von den Einkünften der Angehörigen leben.
Zunehmende Altersarmut bei alleinstehenden Frauen
Fällt diese Unterstützung zum Beispiel durch Scheidung weg, ist das Armutsrisiko groß. Jede fünfte alleinlebende Frau über 65 Jahre muss mit weniger als 900 Euro monatlich auskommen.
Häufig heißt es da: Zurück aus der Rente (ins Erwerbsarbeitsleben). Hanna Kaltenhäuser, wissenschaftliche Referentin des kda, hat in ihrer Interviewreihe diese vielschichtige Problematik aufgegriffen und Menschen dazu befragt.
Wie lässt sich Altersarmut verhindern?
Altersarmut lässt sich durch eine diskriminierungsfreie Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik verhindern. Deshalb ist es so wichtig, sich die Wahlprogramme und Aussagen von Politikerinnen im Vorfeld einer Wahl unter die Lupe zu nehmen.
Wie wirken sich die politischen Vorhaben auf Frauen tatsächlich aus? Welche Auswirkungen haben Kürzungen von Unterhaltszahlungen auf alleinerziehende Mütter? Welche Verdienstmöglichkeiten und realen Karriereoptionen haben alleinerziehende Frauen in der Familienphase? Wie wirken sich nicht-realisierbare Einkommenschancen auf das Armutsrisiko der Kinder aus?
Darüber hinaus sind Frauen gut beraten, ihre Absicherung möglichst früh in die eigenen Hände zu nehmen und nicht darauf zu hoffen, dass es schon irgendwie reichen wird. Dazu gehört regelmäßiges und dauerhaftes Sparen für die Altersvorsorge und Geldanlage für die eigene Finanzplanung. Auch die Höhe der privaten Altersversorgung sollte innerhalb der Familie ausgeglichen sein.
Das breite Bündnis gegen Altersarmut in Bayern, insbesondere von Frauen, hat in dieser Woche eine Social Media Kampagne zu den bayerischen Landtagswahlen 2023 gestartet.
Das Bündnis möchte den Blick von Wählerinnen und Wählern in Bayern zum Thema Altersarmut von Frauen schärfen:
Bilder: Bündnis gegen Altersarmut in Bayern, insbesondere von Frauen