Friedensfest

Es wird ja immer gern auf das Gegenüber geschaut. Auch bei den Feiertagen ist das so: Welches Bundesland hat wie viele Feiertage? Als Augsburger ist man dann immer ganz still, hat doch die Stadt noch einen Feiertag mehr als alle anderen.

In Augsburg wurde gestern, am 8. August, das Hohe Friedensfest gefeiert. Dieser Feiertag gilt ausschließlich für das Augsburger Stadtgebiet (das wissen alle, die in Augsburg wohnen, aber z.B. in München arbeiten…) und ist bundesweit einzigartig.

Letztes Jahr stand das Friedensfest unter dem Eindruck des im Frühjahr 2022 begonnen Angriffskriegs in der Ukraine. Dieses Jahr dauert der Krieg schon über ein Jahr. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Friedenfest. Jetzt?

Das Hohe Friedensfest 2023 stand unter dem Motto „Kreativität“. Das Programm bot die Möglichkeit, sich von Kreativität inspirieren zu lassen und sie selbst zu erproben. So ist es auf der offiziellen Homepage zu lesen. Weiter heißt es, dass kreatives Denken die zentrale Schlüsselkompetenz sei, um die komplexen Herausforderungen dieser Zeit zu bewältigen.

Frieden und Kreativität, so denke ich mir, ist ein eigenwilliger Zusammenhang. Ich muss gestehen, dass ich mir in der aktuellen Situation zum Beispiel ein Ende des Ukrainekrieges bei aller Kreativität nicht vorstellen kann. Genauso in den anderen Regionen dieser Welt, in denen es zu Spannungen kommt.

Bin ich vielleicht nicht kreativ genug? Wieviel Kreativität braucht es denn für Frieden?

Im aktuellen BISS-Magazin gibt es ein sehr lesenswertes Interview mit dem Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, das den Titel trägt: „Krieg ist immer eine Niederlage“. Ist Krieg auch eine Niederlage der Kreativität?

Vermutlich ja. Kreativität hat so viele Facetten. Es geht ja nicht nur um Kunst oder künstlerische Kreativität. Es geht auch um die Kreativität im Leben. Es geht darum, Neues auszuprobieren und neu zu denken. Und schon bin ich beim Text der Friedensfest-Homepage, der mir beim ersten Durchlesen noch weltfremd und abgehoben vorkam.

Ist es kreativ, in der Arbeit bei einem Konflikt mal einen neuen Gedanken zuzulassen? Mal ein anderes Handlungsmuster auszuprobieren, wenn es am Arbeitsplatz kracht? Ist es kreativ sich, zurück zu nehmen, wenn man eigentlich ausrasten möchte, weil es nicht so läuft wie man will?

Könnte sein. Das Friedensfest war eine Aufforderung, Gegebenes nicht hinzunehmen, sondern Neues auszuprobieren, um des Friedens willen.

Wenn es in der Arbeit, in der Freizeit, in der Familie in den nächsten Tagen mal zu Streit kommen sollte, denken Sie an das Augsburger Hohe Friedensfest, nicht neidvoll bezüglich des Feiertages, sondern inspiriert. Möglicherweise gelingt es Ihnen ja, kreativ mit der Situation umzugehen. Dann wäre es auf jeden Fall schon mal ein Fest. Ein kleines Friedensfest.

Bleiben Sie menschlich, werden Sie kreativ, bleiben Sie behütet!

Diakon Ulrich Gottwald, Regionalstelle Augsburg

Bild: Alemunt / Getty Images via Canva

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