Ein neues Jahr im Blickfeld Gottes

Was sind meine Ziele als arbeitender Mensch für 2023? Welche Ziele soll oder muss meine Dienststelle, Firma oder Branche erreichen, um gut durch das neue Jahr zu kommen? Bei der Beantwortung dieser Fragen werden in allen Wirtschaftsbereichen, aber auch im öffentlichen Dienst bis hin zu den Kirchen Kennzahlen eine große Rolle spielen. Ohne messbaren Erfolg kommt man in der Arbeitswelt kaum aus.

Schwierig und unmenschlich wird es aber, wenn sich die Macht der Zahlen verselbstständigt. Denn neben Zahlen sind Buchstaben und Worte weiterhin zentrale Träger von lebensförderlichen Botschaften. Eine solche bewährt lebensförderliche Botschaft ist traditionell die jeweilige biblische Jahreslosung. Mit wenigen Buchstaben vermag sie eine einleuchtende und menschenfreundliche Orientierung für das neue Jahr zu geben. Das gilt nicht zuletzt für die diesjährige Losung:

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16,13)

Dies ist das Glaubensbekenntnis einer Frau, die Hagar heißt, die sich in einer richtig komplizierten Situation befindet, von der die Bibel berichtet. Sie dient Abraham als eine Art Leihmutter, weil sie ihm zu einem Kind verhelfen musste und darüber in Konflikt mit dessen Frau Sara geriet. Allen Wirrnissen ihres Lebens zum Trotz erfährt sie aber die verlässliche Zuwendung Gottes, die sie zu dieser bewegenden Vertrauensaussage gegenüber Gott veranlasst: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Wahrhaft ein großes Wort für eine tiefe Erkenntnis!

Sehen und gesehen werden, darum geht es zwangsläufig in jedem Arbeitsleben. Vorgesetzte und Auftraggeber wollen sehen, was bei der Arbeit eines Mitarbeitenden herauskommt. Kunden wollen sehen, was sie kaufen. Arbeitsleistungen müssen sich im Vergleich mit anderen Produkten sehen lassen können.

Die Jahreslosung setzt da noch einmal einen deutlich anderen Akzent und zeigt eine weiterführende Perspektive auf: Wir leben und arbeiten im Blickfeld Gottes. Alle Buchstaben der Bibel bezeugen, dass dieser Blick Gottes auf seine Geschöpfe ein liebevoller Blick ist und keine abschätzende, kalkulierende Betrachtung. Das heißt nicht, dass unsere schwachen Stellen übersehen werden. Sie stellen aber das große Ja Gottes zu uns nicht rückwirkend in Frage.

Gott sieht mich und meint es gut mit mir, das lasse ich mir gerne von Hagar zu Beginn dieses neuen Jahres gesagt sein. Übrigens verbindet uns Christinnen und Christen die Erinnerung an Hagar und ihre Glaubensgeschichte mit unseren jüdischen sowie sogar mit den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Dankbar bin ich, dass Gott mich, dass Gott uns alle sieht.

Gerne möchte ich selbst an Gottes liebevollem Blick auf Menschen Anteil nehmen. Das gilt ganz besonders für die Armen, die Schwachen und die Benachteiligten dieser Welt, die ganz besonders im Blickfeld Gottes sind. Ich möchte nicht übersehen, dass durch die steigenden Preise, überteuerte Mieten und überzogene Leistungsanforderungen in unserem nach wie vor so reichen und wirtschaftlich erfolgreichem Land Arbeitnehmende an der unteren Lohnskala massiv unter Druck geraten sind. Sollte es nicht für uns alle das Globalziel allen Handelns in diesem Jahr sein, dass wir unsere Mitmenschen in ihrer Bedürftigkeit sehen und mit ihnen im neuen Jahr nach guten Wegen in Richtung auf ein gelingendes Leben von uns allen suchen? Ich bin sicher, dass das ein sehr sinnvoller und zeitgemäßer Neujahrsvorsatz wäre!

 

Gott unser Herr,

wir danken Dir, dass Du uns siehst

mit unserer Würde und in unserer Bedürftigkeit.

Wir bitten Dich, dass wir die Nöte

unserer Mitmenschen nicht aus dem

Blick verlieren und uns gemeinsam um

Abhilfe für ihre Notlagen bemühen.

Dich loben und preisen wir als den

Leben schaffenden und Leben bewahrenden

Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist.

Amen

Dr. Johannes Rehm, Leiter kda Bayern

Bild: PeopleImages via Canva

Solidarität, Arbeitnehmende, Arbeitsbedingungen, Geistliches

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