Zum Tod von Papst Benedikt XVI.

NÜRNBERG/ROM. Am 31.12.2022 ist Papst Benedikt XVI. verstorben. Aus Anlass seines Todes erinnert sich der Leiter des kda Bayern, Dr. Johannes Rehm, an eine Begegnung mit ihm während seiner Studienzeit in Rom.

Im Jahr 1987 lebte und arbeitete ich als Stipendiat des Ökumenischen Rats der Kirchen an der päpstlichen Universität Anselmianum in Rom. Ich schrieb dort an meiner Doktorarbeit über den ökumenischen Abendmahlsdialog. In diesem Zusammenhang führte ich zahlreiche Gespräche mit den dortigen Patres und Professoren. Meine Frage damals war: Warum wird die ökumenische Mahlgemeinschaft weiterhin von der katholischen Amtskirche untersagt trotz tiefgehender theologischer Übereinstimmungen bei den offiziellen Dialogprozessen der Kirchen?

Ein Treffen mit dem Leiter der Glaubenskongregation

Einer meiner Gesprächspartner, ein besonders geistreicher katholischer Dogmatikprofessor, verstand meine Ungeduld und mein Unverständnis. Er war regelmäßig für die Glaubenskongregation tätig, die damals von Kardinal Joseph Ratzinger geleitet wurde. „Gehen Sie doch zu Kardinal Ratzinger und fragen Sie ihn das“, forderte er mich auf. In kürzester Zeit hatte ich einen Termin und wurde an einem Vormittag vom Kardinal im Palazzo del Sant‘ Offizio empfangen.

Trotz unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten hatten wir ein sehr freundliches und auch ein ausgesprochen offenes Gespräch. Kardinal Ratzinger bestritt die erreichten Übereinstimmungen zwischen den Kirchen nicht, verwies aber darauf, dass auch offizielle vom vatikanischen Einheitssekretariat mitgetragene ökumenische Dialogprozesse und deren Ergebnisse erst auf ihre Übereinstimmung mit der katholischen Tradition überprüft werden müssten, wofür die Glaubenskongregation unter seiner Leitung zuständig sei.

Diese Auskunft überraschte mich nicht, konnte mich aber nicht zufrieden stellen. Ich erlaubte mir die Rückfrage, wie eine praxisrelevante Problemlösung denn befördert werden könne. In seiner Replik verwies Kardinal Ratzinger auf gemeinsame Wurzeln.  Der Schlüssel zur Verständigung zwischen Katholiken und Protestanten in der Lehre liege in dem gemeinsamen Rückbezug auf die altkirchliche Lehrüberlieferung und die Kirchenväter. Denn schließlich, so fügte er nach einer kleinen Pause hinzu, habe auch Martin Luther, so wie er selbst, den Kirchenvater Augustinus sehr hoch geschätzt.

Dann entspann sich ein anregendes theologisches Zwiegespräch, in welchem unsere unterschiedliche Konfessionszugehörigkeit, unsere Stellung sowie unser Altersunterschied plötzlich keine trennende Rolle mehr spielte. Der Kardinal war plötzlich wieder Theologieprofessor, der gerne mit einem Vertreter der jüngeren Theologengeneration diskutierte. Für das Gelingen dieses Gesprächs, das den ganzen Vormittag andauerte, mag hilfreich gewesen sein, dass wir schließlich beide aus dem Freistaat Bayern stammten und nicht wenige gemeinsame Bekannte hatten. Vor allem von den stark konservativen und konfessionalistischen Kräften meiner eigenen Kirche sprach er mit großer Hochachtung. Über eher progressive Gruppierungen allerdings schwieg er sich aus.

Hoffnung auf einen weiterführenden ökumenischen Dialog

Nicht vergessen kann ich, dass von jenem Sanctum Officium zahlreiche Reglementierungen katholischer Kollegen ausgingen, denen ich selbst freundschaftlich verbunden war und bin. Fremd blieb mir die altbayrische, vorkonziliare marianische Frömmigkeit meines damaligen Gesprächspartners. „Lassen Sie uns unser Gespräch doch fortsetzen,“ sagte er zum Abschied. Das hat sich bisher so nicht ergeben, weil wir beide, jeder auf seine Weise, zu neuen Aufgaben gerufen wurden, aber es bleibt als eine über dieses Leben hinausgehende Hoffnung.

In diesem Leben verwirklicht sehen möchte ich persönlich doch noch eine theologisch qualifizierte größere und weitergehende ökumenische Annäherung unserer Kirchen, welche das Mahl des gemeinsamen Herrn mit einschließt. Wie bedeutsam dies für die kirchliche Arbeit in einem säkularen Umfeld wäre, das erlebe ich seit Jahren regelmäßig in der Wirksamkeit vom evangelischen Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt und katholischer Betriebsseelsorge.

Dr. Johannes Rehm, Leiter des kda Bayern

Bild: Wengen via Pixabay

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