„Einer trage des andern Last“ – Solidarische Zukunftssicherung als Gewinn für alle

HANNOVER. Der Bundesverband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) lud am Freitag zum FORUM rund um das Thema „Solidarische Zukunftssicherung“ ein, das u. a. vom kda Bayern mit vorbereitet wurde. Auf der digitalen Veranstaltung wurden nicht nur Fragen der Zukunftsfähigkeit unserer sozialen Sicherungssysteme wie Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherung diskutiert. Auch die Fragen von ehrenamtlichem Engagement in der sozialen Selbstverwaltung oder von Wohnkonzepten der Zukunft wurden beleuchtet. Den Tag reicherten nicht nur die über 70 Teilnehmenden, sondern auch das breit aufgestellte und hochkarätige Team aus Referierenden aus Politik, Kirche und Wissenschaft mit ihren unterschiedlichen Perspektiven an.

Mut zur wirklichen Veränderung

Unter dem Motto des biblischen Auftrags „Einer trage des anderen Last“ (Galater 6,2) führte Professor Traugott Jähnichen in die Prinzipien sozialer Sicherung ein. Aus Perspektive der evangelischen Sozialethik, so machte er deutlich, müssen die „großen Risiken“gesellschaftlich abgesichert sein, so wie es in Deutschland seit rund 150 Jahren der Fall ist. Doch um den aktuellen demographischen wie wirtschaftlichen Veränderungen zu begegnen, so ist er sich sicher, reichen kleine Veränderungen nicht mehr. „Wir brauchen deutlich größere Reformschritte. Und das ist eine Frage des Mutes.“

Trennendes abbauen, Solidarität stärken

Wie diese Veränderungen aussehen könnten bzw. welche Aspekte sie berücksichtigen sollten, wurde anschließend aus der Perspektive von Politik, Kirche und Ökonomie betrachtet. Dabei machten alle drei Referierenden deutlich, dass es ein stärkeres Zusammendenken der vielfältigen Aspekte der sozialen Sicherungssysteme braucht.
Die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Gesundheitsministerin Ursula Schmidt möchte die Trennung von gesetzlicher und privater Versicherung überwinden. Sie betonte, „dass es Zeit ist, dass wir endlich eine Bürgerversicherung einführen.“
„In die Systeme nochmal reinzudenken und sie stärker integral zu vernetzen,“ dafür plädierte Oberkirchenrat Steffen Merle und hofft, dass in Zukunft die Übergänge zwischen den Systemen stärker in den Blick kommen.
Das Kernargument von Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung war, „dass Solidarität auch ökonomisch vom Wohlstand her (…) essenziell ist.“ Tragfähige Sozialsysteme seien ein „win-win“ für alle, denn Gesellschaften, die hochsolidarisch sind, können Krisen auf allen Ebenen deutlich besser bewältigen – auch ökonomisch.

Ehrenamt in der Sozialen Selbstverwaltung stärken

Am Nachmittag ging die Diskussion in verschiedenen Arbeitsgruppen weiter, so auch zur Frage nach dem ehrenamtlichen Engagement in der sozialen Selbstverwaltung. Hier brachte Pfarrer Peter Lysy vom kda Bayern seine Expertise ein. In der Diskussion wurde deutlich, dass das gesetzlich verankerte Ehrenamt und seine Aufgaben in der sozialen Selbstverwaltung weitgehend unbekannt sind. Umso wichtiger sei es deshalb, „dass das Ehrenamt in der sozialen Selbstverwaltung von Arbeitgebern und Dienstgebern positiv mitgetragen wird,“ so der Tenor der Arbeitsgruppe.

(Foto: Robert Kneschke/ Canva.com)

Rente, Politik, Solidarität, Arbeitnehmende, Wandel der Arbeitswelt, Ethik, Mitbestimmung, Selbständigkeit

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