Fleischindustrie: Verzögerungen beim „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ verlängert das Leid der Menschen

HANNOVER. Am Donnerstag, den 29. Oktober 2020 sollte das „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie im Bundestag verabschiedet werden. Ziel des Gesetzes ist es, durch häufigere Kontrollen und einem Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit die Missstände der Branche zu beenden. Doch kurzfristig wurde es wieder von der Tagesordnung genommen. Die Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes zu verzögern, heißt, das Leid der Menschen, die dort arbeiten, zu verlängern.

Verzögerung führt zu Unverständnis und Sorge

Mit Unverständnis und Sorge reagieren die Mitglieder des Evangelischen Verbandes Kirche- Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) auf die Verzögerungen beim neuen Arbeitsschutzkontrollgesetz. Nach Jahren erfolgloser Versuche, die Arbeits- und Lebensbedingungen der überwiegend osteuropäischen Kollegen*innen zu verbessern, hat die Bundesregierung endlich ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Werkverträge und Leiharbeit sollen verboten werden, um die teils skandalösen Zustände in der Fleischproduktion endlich zu beenden. Nun ist zu befürchten, dass die Verzögerung bei der Einführung auch zum Wegfall eines elementaren Bestandteils – dem Verbot der Leiharbeit – führen kann. Dies gilt es zu verhindern.

Menschenwürdige Arbeit statt Profit vor Menschenwürde

Es ist noch keinen Monat her, dass durch eine bundesweite Razzia öffentlich bekannt wurde, dass die Angestellten von Leiharbeitsfirmen in der Fleischbranche ähnlichen Mechanismen und Methoden ausgesetzt sind wie Werkvertragstätige bei Werkvertragsfirmen. Sie werden oft in unzumutbaren Unterkünften untergebracht und aufgrund ihrer fehlenden Sprach- und Rechtskenntnisse skrupellos ausgebeutet. Auch vor illegalen Methoden, wie das Ausstellen von „Scheinstudienbescheinigungen“, um sich vor Steuern und Sozialabgaben zu drücken, schreckt die Branche nicht zurück. Für viele Werkvertrags- und Leiharbeitsfirmen in der Fleischindustrie gilt immer noch: Profit vor Menschenwürde. Daher warnen Fachleute auch davor, nur Werkverträge abzuschaffen. Beide Varianten müssen verboten werden, um endlich zu menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen zu kommen.

Der Gesetzgeber muss jetzt handeln

Um die unhaltbaren Zustände in der Fleischindustrie zu beenden, appelliert der KWA dringend an die Bundesregierung, das Arbeitsschutzkontrollgesetz wie vorgesehen zum 01.01.2021 in Kraft treten zu lassen und darin sowohl Leiharbeit als auch Werkverträge zu verbieten. „Corona hat uns deutlich vor Augen geführt, wie prekär bisher die Lebensumstände der Werkvertragsbeschäftigten und Leiharbeitnehmer*innen in der Fleischindustrie sind. Corona hat uns auch gezeigt, wie sehr solche Lebensumstände die Ausbreitung dieses Virus begünstigen. Auch deshalb darf es keine Verlängerung für Geschäftsmodelle geben, die solche Umstände begünstigen oder fördern“, so Gudrun Nolte, Vorsitzende des Evangelischen Verbandes Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und Leiterin des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt der Nordkirche (KDA).

Foto: pixabay/Alexas-Fotos/21582

Arbeitnehmende, Leiharbeit, Arbeitsbedingungen, Betrieb, Politik, Gesundheit, Solidarität

Meldungsarchiv

Vorheriger Beitrag
Rehm: „Auch Verkäuferinnen haben ein Recht auf Freizeit und Familienzeit!“
Nächster Beitrag
Christen bei BMW feiern ersten Gottesdienst

Ähnliche Beiträge