„Kinder, Haushalt, Arbeit, alles fließt ineinander“ – Forschung über Familien in der Corona-Krise

NÜRNBERG. Die Corona-Krise hat nicht nur die Arbeitswelt verändert. Auch beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben sind neue Modelle entstanden bzw. mussen während des Lockdowns Lösungen gefunden werden. Mehrere Studien haben nun erste Zahlen dazu veröffentlicht, die hier von uns zusammengefasst werden.

Home-Office trifft Home-Schooling

„Ich habe zwei kleine Söhne von drei und fünf Jahren, die mein Mann und ich im Wechsel zuhause betreuen. Home-Office mit Kindern ist eine andere Art von Stress als im Büro. Man kann nichts richtig zu Ende machen, einmal muss ich die Kinder stehen lassen, dann wieder meine Arbeit am Computer“, so berichtete Stephanie, 42 Jahre in der Serie „arbeiten in anderen Zeiten“ für den kda Bayern. Wie ihr ging und geht es während der Corona-Krise vielen Eltern. Das zeigt eine gleichnamige Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und bezieht sich dabei v.a. auf die sogenannte „Mannheimer Corona Studie“: während zweier Wochen des Corona Shut-Downs im April haben fast 93% aller Eltern ihre Kinder selbst zuhause betreut. Gleichzeitig war in knapp 24% der Familien mindestens ein Partner zumindest teilweise ins Home-Office gewechselt.

Kaum Erholungszeiten

Dabei wurde Home-Office von Eltern deutlich häufiger genutzt als von Personen ohne minderjährige Kinder. Wo Eltern die Betreuung von Kindern selbst übernommen haben, tat das in der Hälfte der Fälle alleine die Frau, bei etwa einem Viertel hat es alleine der Mann übernommen, bei einem weiteren Viertel teilten sich die Partner die Kinderbetreuung. Da nur ein sehr geringer Anteil der Eltern eine Notfall-Betreuung in Anspruch nehmen konnte (0,9%) und gleichzeitig die Quote der Betreuung durch Großeltern von 8,3 auf 1,4 Prozent reduziert wurde, gab es für viele Erwerbstätige mit Kindern „kaum Erholungszeiten zwischen Erwerbs-und Sorgearbeit“. Gefragt nach der Zufriedenheit in Familien, gaben fast die Hälfte der Eltern an, sich in der Lockdown –Phase „sehr belastet“ gefühlt zu haben. Insbesondere die Betreuung und Unterrichtung von schulpflichtigen Kindern empfanden Eltern belastend – Frauen fühlten sich öfters belastet als Männer. „Am höchsten war der Anteil der (…) Belasteten (…) bei den alleinerziehenden Müttern.“

Familienarbeit als Aufgabe für beide Elternteile

Sehr anschaulich beschreibt dieses Dilemma die alleinerziehende Mutter Melanie aus „arbeiten in anderen zeiten“:
„Die Schwierigkeit ist Home-Office und Home-Schooling unter einen Hut zu bekommen. Ich sitze dann mit meiner Tochter zusammen am Arbeitstisch und jeder erledigt seine Arbeit. Zumindest sollte das so sein. 🙂 Aber entweder kann sich meine Tochter nicht konzentrieren, weil ich nebenher telefoniere. Oder aber sie braucht meine Hilfe, weil sie etwas nicht verstanden hat und ich komme dann nicht zum Arbeiten.“
Auch wenn Frauen bei der Haus- und Familienarbeit während der Corona Krise insgesamt stärker belastet waren und sind, möchte BIB-Autor und eaf-Bund-Vorsitzender Martin Bujard nicht von einer Re-Traditionalisierung der Geschlechter-Rollen in der Corona-Krise und durch Home-Office sprechen. Sowohl Männer als auch Frauen hätten ihre Anteile an der Familie- und Hausarbeit in der Corona-Krise erhöht – vor allem Väter in Kurzarbeit. Vielmehr deuteten die Erkenntnisse aus verschiedenen Studien auf eine stärkere Einbeziehung von Vätern in die Familienarbeit hin.

(Foto: wal_172619/ pixabay.com)

Familie, Geschlechtergerechtigkeit, Wandel der Arbeitswelt, Arbeitsbedingungen

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