„Beim Bürgergeld geht es um Menschen in Not – da verbieten sich parteitaktische Spiele!“ Rehm zur Bundesratsblockade

NÜRNBERG. Der Bundesrat hat die Einführung des Bürgergeldes in seiner heutigen Sitzung ausgebremst. Pfarrer Johannes Rehm, Leiter des evangelischen Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (kda), fordert von der Politik dringend, im Vermittlungsausschuss Lösungen zu finden. Menschen in Not könnten auf die Erhöhung der Grundsicherung und die Entfristung des Sozialen Arbeitsmarktes nicht länger warten.

Bürgergelderhöhung – zu wenig, zu spät?

Die Inflation drückt in Deutschland Millionen Erwachsene und Kinder, die von Grundsicherung leben, unter das Existenzminimum. Mit der heutigen Blockade der Bürgergeld-Reform im Bundesrat ist die Anhebung der Grundsicherung zum 1. Januar 2023 gefährdet. Nach Ansicht von Rehm reicht die Erhöhung auf etwa 500 Euro angesichts der Geldentwertung ohnehin kaum aus. „Die geplante Erhöhung ist nach Meinung fast aller Expertinnen und Experten sehr niedrig und kommt sehr spät. Sie darf jetzt nicht auch noch auf die ganz lange Bank geschoben werden. Beim Bürgergeld geht es um Menschen in Not – da verbieten sich parteitaktische Spiele!“

Vertrauensvorschuss statt Sanktionsandrohung

Das Bürgergeld enthalte darüber hinaus viele sinnvolle und dringende Maßnahmen, die von Praktikerinnen und Praktikern auch seit langem gefordert werden: Die Entfristung des Sozialen Arbeitsmarktes, Vertrauensvorschüsse statt Sanktionsandrohungen, die Förderung von Berufsabschlüssen anstelle schneller Vermittlung in prekäre Arbeit oder auch die Stabilisierung der Wohnsituation.

Eine Frage des Menschenbildes

„Das Menschenbild vom faulen Leistungsempfänger war immer schon mehr Ideologie als praktische Erfahrung“, kommentiert kda-Leiter Rehm die aktuelle Debatte. „Genau an diesem Menschenbild ist Hartz IV in vieler Hinsicht seit 18 Jahren gescheitert. Es hilft nichts, Menschen in ihrer prekären Lage weiter zu destabilisieren. Viele Beziehende von Hartz IV sind doch längst verzweifelt aktiv, viele sind auch gar nicht arbeitslos, sondern im Niedriglohnsektor beschäftigt. Das Bürgergeld ist ein Versuch, die Angstkultur im Jobcenter abzubauen und Menschen wirklich zu fördern. Dieser Neustart verdient jetzt eine Chance“, so der evangelische Pfarrer.

Bild: Diego Grandi_Getty Images_Canva

Armut, Arbeitslosigkeit

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