NÜRNBERG. Langsam geht die Ferien- und Urlaubssaison zu Ende. Bald wird in allen Betrieben und an den Arbeitsplätzen wieder Normalbetrieb sein. Und damit kehrt bei Vielen auch der altbekannte Stress zurück und die Erholung des zurückliegenden Urlaubs ist schnell dahin. Woher sollen wir die Kraft nehmen, um all das Neue im Arbeitsleben dieses Herbstes zu bewältigen? Ist unser Glaube vielleicht eine Ressource, die uns auf der Arbeit durchhalten hilft?
Mit diesem Themenkomplex beschäftigt sich unser bevorstehendes FORUM Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt im Oktober in Wildbad Rothenburg. Weil das Thema gerade jetzt am Ferienende manchen besonders auf den Nägeln brennt, suchen wir schon vorab nach ersten Antworten. Die kda-Mitarbeitenden Philip Büttner und Dr. Johannes Rehm fragten schon einmal beim Hauptreferenten unseres FORUMs Pater Dr. Anselm Grün OSB nach:
Pater Anselm, welchen Platz kann denn Spiritualität in unserer beschleunigten und wettbewerbsorientierten Arbeitswelt noch haben? Wie kann sie im modernen Arbeitsalltag praktisch gelebt werden? Wie kann Ihre benediktinische Spiritualität da hilfreich sein?
Wir erhielten dankenswerter Weise folgende Antwort:
Bete und arbeite:
Wie gelingt dieses benediktinische Motto in der modernen Arbeitswelt?
Alle suchen nach einer work-life-balance. Doch oft wird in diesem Konzept die Arbeit als etwas gesehen, was dem Leben entgegensteht. Die Kunst besteht darin, die Zeit der Arbeit auch als Form von Leben und Lebendigkeit zu erfahren.
Ein Weg dazu ist eine neue Verbindung von Gebet und Arbeit. Dieses benediktinische Motto bezieht sich nicht nur auf einen gesunden Rhythmus von Gebet und Arbeit und das Gebet als Unterbrechung der Arbeit. Vielmehr geht es um eine innere Verbindung.
Die Arbeit hat in der benediktinischen Tradition drei Bedeutungen:
- Den eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Das führt zur inneren Freiheit.
- Arbeit ist Dienst für die Menschen.
- Arbeit hat eine spirituelle Dimension.
Bei der spirituellen Dimension der Arbeit geht es um folgende Themen:
- Arbeit als Test auf die Stimmigkeit des Gebets
- Arbeit als Hingabe
- Arbeit als Loslassen des Ego
- Arbeit als Ort, die wichtigsten christlichen Haltungen einzuüben: Demut, Barmherzigkeit, Glaube, Hoffnung und Liebe
Glaube bedeutet nicht nur, an Gott zu glauben, sondern an den Menschen zu glauben, an „Christus im Bruder/in der Schwester zu glauben“, wie Benedikt sagt. Und der Glaube drückt sich in der Sprache aus. Nach Paul Celan gibt es keinen Glauben ohne Sprache und keine Sprache ohne Glauben. Unsere Sprache verrät uns, ob wir glauben oder nicht.
Hoffnung ist etwas anderes als Erwartung. Hoffen heißt immer: ich hoffe auf dich und für dich. Unsere Arbeit ist nur dann wertvoll, wenn sie Hoffnung vermittelt. Wir können uns fragen: Welche Hoffnung vermittle ich in meinem Beruf, in meiner Arbeit? Und welche Hoffnung geht von mir als Person aus?
Über Liebe soll nicht moralisierend gesprochen werden, sondern einmal als „virtus“, als Kraftquelle. Wenn ich die Menschen liebe, wird mir die Arbeit nicht so schnell zuviel. Liebe heißt aber vor allem: Verbundenheit. Wo Menschen sich verbunden fühlen, entsteht Kreativität. Die Liebe ist Wohlwollen den Menschen gegenüber. Es ist unsere Verantwortung, unsere Emotionen vor der Arbeit zu reinigen, damit wir in die Arbeit und zu den Menschen mit der Haltung von Liebe, Achtung, Wohlwollen, innerem Frieden gehen.
Foto: Julia Martin / Abtei Münsterschwarzach