NÜRNBERG. In der Nürnberger Erklärung haben sich der kda Bayern, das evangelisch-lutherische Dekanat Nürnberg, die katholische Stadtkirche, die katholische Betriebsseelsorge sowie der DGB Mittelfranken im Vorfeld der Bundestagswahl dafür ausgesprochen, Lehren und Konsequenzen aus der Corona-Pandemie zu ziehen. Kirchen und Gewerkschaften stehen mit der Erklärung ein für eine solidarische und zukunftsfähige Gesellschaft. Der kda Bayern fordert, dass gutes und bezahlbares Wohnen für alle Menschen auch in Zeiten der Pandemie und drüber hinaus möglich sein muss.
Im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September erinnert das Bündnis aus Nürnberger Kirchen und Gewerkschaft daran, dass das Gemeinwohl im Zentrum allen politischen Handelns – und zwar vor individualistischen Interessen – stehen muss. Denn gerade im Verlauf der Corona-Pandemie wurde deutlich, dass unser Sozialstaat Schwächen hat: ein am Profit orientiertes Wirtschaftssystem erweist sich als unfähig, die Erfüllung der Grundbedürfnisse, allen voran die körperliche Grundversorgung der Menschen, zu gewährleisten. Durch jahrelange Einsparungen eingeschränkte Behörden und ein zunehmend auf Gewinn ausgerichtetes Gesundheitssystem erwiesen sich in der Krise als sehr anfällig.
Dr. Sabine Weingärtner, die stellvertretende Leiterin des kda Bayern stellte fest, dass besonders die durch die Krise belastet waren, die am Rande der Gesellschaft stehen: Menschen in beengten Wohnverhältnissen, Arbeits- und Obdachlose, Geringverdienende, Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen sowie Migratinnen und Migranten. „Diese Menschen hatten während der Pandemie eine geringe soziale und finanzielle Absicherung und waren durch oftmals bescheidene Wohnverhältnisse und dicht besiedelte Stadtquartiere gesundheitlich stark gefährdet“, sagte Dr. Weingärtner.
Damit die Lage sich nicht weiter zuspitze, dürfe die zukünftige Regierung keinen „Rotstift“ bei der sozialen Infrastruktur ansetzen. Vielmehr müsse sie ihre Investitionen in staatlich geförderten Wohnungsbau ausbauen. Darüber hinaus muss Arbeit so gut bezahlt werden, dass man davon nicht nur leben, sondern auch wohnen kann. „Wohnen muss zum bezahlbaren Gut für alle werden. Aus sozialethisch-christlicher Perspektive ist die aktuelle Situation ein Unding!“, sagte Dr. Weingärtner.
Gemeinsam sind sich die Unterzeichner der Nürnberger Erklärung einig: Um nach der Krise angemessen handeln zu können, müssen sich die politisch Verantwortlichen für weitere Herausforderungen der Zukunft richtig aufstellen. Deshalb fordern die Verfassenden:
• Eine Aufhebung der Schuldenbremse und eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen
• keine Steuersenkungen, die öffentliche Mittel weiter verknappen
• offensiven Ausbau digitaler Infrastruktur in der Verwaltung und Schulen
• keinen Schuldenabbau durch Einschnitte in Sozialleistungen
• keine Sparmaßnahmen bei Investitionen in eine gute soziale und kulturelle Infrastruktur der Stadteile/Quartiere
• höhere finanzielle Beteiligung von Wohlhabenden an den Kosten der Krise
• eine Aufwertung aller sozialen und gemeinwohlorientierten Berufe
• eine Stärkung der Tarifbindungen durch vereinfachte Allgemeinverbindlichkeits-erklärung und ein modernes Tariftreue- und Vergaberecht
• eine patientengerechte Reform des Gesundheitssystems – weg vom rein gewinnorientierten Fallpauschalen-System und Einführung einer gesetzlich geregelten Personalausstattung
Hier die Nürnberger Erklärung im Detail.
Titelbild: Thematisch passend zur Straße der Menschenrechte präsentierten die Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen und Gewerkschaft ihre Nürnberger Erklärung mit sozialen Forderungen zur Bundestagswahl. (v.li.n.re: Dr. Sabine Weingärtner/kda Bayern, Stephan Doll/ DGB Mittelfranken, Britta Müller/ ev. Dekanat Nürnberg, Martin Plentinger/ kath. Betriebsseelsorge, Andreas Lurz/ kath. Stadtkirche)
(Foto: kda Bayern)