Praxistauglich? Dienstvereinbarungen für Familienfreundlichkeit

NÜRNBERG. „Dienstvereinbarungen – wie lebendig sind die eigentlich?“ darüber tauschten sich am 19.02.2024 Teilnehmende aus dem ganzen Bundesgebiet beim Online-Gesprächsforum des „Gütesiegels Familienorientierung“ aus. Referentin Hanna Kaltenhäuser vom kda Bayern stellte dort die Dienstvereinbarungen (DV) zu Heimarbeit und familienbewusster Personalpolitik vor. Der kda Bayern wurde seit 2010 wiederholt mit dem Gütesiegel zertifiziert.

Zu viel Bürokratie?

„Irgendwo zwischen lebendig und eingestaubt“: So erlebte eine Teilnehmerin die Praxis bei Dienstvereinbarungen in ihrer Einrichtung. Ganz ähnlich geht es den anderen. Macht das nicht zu viel bürokratischen Aufwand? Passt die Theorie zur Praxis?, waren Fragen der anwesenden Personalverantwortlichen, Gleichstellungsbeauftragten und Referent*innen.

Während des Forums kamen aber auch positive Aspekte der DVen zur Sprache. Solche Vereinbarungen seien ein hilfreiches Instrument, das Miteinander zu organisieren – gerade in großen Einrichtungen.

„Das nimmt die Verantwortlichen im mittleren Management in die Pflicht und entlastete sie gleichzeitig“, schildert ein Teilnehmer.

Prozess der Mitgestaltung

Dass Dienstvereinbarungen ein Prozess der Mitgestaltung sein können, zeigte sich im Projekt „Digitale Arbeitszeit-Erfassung“ in einer Pflege-Einrichtung. Ein Jahr lang wurde hier eine Arbeitsgruppe tätig, Methoden wurden ausgetestet, Konzepte erprobt. Nach einem Praxis-Test flossen die Ergebnisse in eine Dienstvereinbarung.

Skeptiker mit an Bord nehmen!

Die Projekt-Verantwortlichen aus der Pflege-Einrichtung berichteten, dass es sich bewährt habe, auch diejenigen in die Projektgruppe zu nehmen, die gegen neue Regelungen der Arbeitszeiterfassung waren.

Familienfreundlichkeit und mobiles Arbeiten

„Regelungen zur Familienfreundlichkeit oder zum mobilen Arbeiten sind für Bewerber*innen zunehmend ein Entscheidungskriterium, in einer Einrichtung zu arbeiten“,

wusste Hanna Kaltenhäuser vom kda Bayern in ihrem Vortrag zu berichten. „Wir werben mit unseren Dienstvereinbarungen im Bewerbungsgespräch“, pflichtete eine Teilnehmerin bei.

Als Arbeitgeber attraktiv werden

Mobiles Arbeiten oder individuelle Regelungen zur Arbeitszeit oder Urlaubsplanung machten einen Arbeitsplatz nicht nur für Menschen mit kleinen Kindern attraktiv. Auch alleinlebende Menschen mit Haustieren oder ehrenamtlichen Verpflichtungen würden verstärkt nach solchen Faktoren Ausschau halten.

Was heißt „Familie“?

In diesem Zusammenhang sei es auch wichtig, bei der Überarbeitung älterer DVen das Care-Verständnis ausweiten. Fragen, die in den Fokus rücken könnten, seien:

Was bedeutet „Familie“ für Alleinstehende?
Was verstehen unsere Mitarbeitenden unter „Familie“?

Praxisnah statt „allumfassend“

Egal, ob eine alte Dienstvereinbarung „entstaubt“ oder eine neue verfasst wird – in einem waren sich die Teilnehmenden einig: Die DV sollte nicht überbordend alles regeln wollen, was schon in Gesetzen und Tarifverträgen steht. Vielmehr sollte sie auf die spezifischen Bedürfnisse der Einrichtung(en) zugeschnitten sein, Möglichkeiten für individuelle, praxisnahe Vereinbarungen offenlassen und am besten kurz und knapp gehalten werden.

Bild: via Canva

Familie, Geschlechtergerechtigkeit, Arbeitnehmende, Arbeitsbedingungen, Betrieb, Frauen

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