Wenn man in der Bibel liest, erlebt man folgendes: Was sich dort ereignet hat und beschrieben wird, können wir auch heute wiederentdecken in unserem persönlichen Leben, aber auch in den gesellschaftlichen und internationalen Zusammenhängen, in denen wir uns vorfinden.
Es liegt unter anderem an der Eindrücklichkeit der biblischen Bilder, die mit klaren Blick mit ihren Konturen auch heute in unserem Leben und Arbeiten klar zu erkennen sind.
Ein Beispiel ist die Stadt. Sie kommt in unterschiedlichen Deutungen daher. Das „himmlische Jerusalem“ steht für das Reich Gottes, wo Friede und Gerechtigkeit wohnen. Die Stadt Babylon ist Paradebeispiel für eine zutiefst „geerdete“ Stadt. Moralisch wird man sie als verwerflich bezeichnen. Mit Blick auf unsere Metropolen kann man sie als Blaupause für die heutigen diversen und wirtschaftlich entfesselten Städte sehen. Und gerade in diese säkulare Stadt sendet der Gott Israels sein Volk. Nicht freiwillig, sondern mit Gewalt wurden die Eliten weggeführt und in Babylon als Sklaven verkauft und eingesetzt. Und Gott ermutigt sein geknechtetes und entmutigtes Volk, sich mit aller Kraft für das Wohlergehen der Stadt und ihrer Menschen einzusetzen.
Jeremia 29,7: „Suchet der Stadt Bestes“
– ist eine Blaupause für uns als Christinnen und Christen:
Bereits in der Zeit der Bibel waren Städte immer die wirtschaftlichen, kulturellen und geistigen Zentren einer Region, eines Landes. Sie waren mehr als nur „Kaufen und Tauschen“; sie waren Orte des Lebens, der Begegnung, der Kommunikation und nicht zuletzt wirtschaftliche Motoren, die die Existenz vieler sicherten.
Ich bin gerade auf dem Weg in eine solche Stadt, auf die diese Kriterien zutreffen – Schweinfurt. Vielleicht bekommen manche jetzt einen Lachanfall. Auch das ist mit dieser Andacht beabsichtigt. Lachen ist gesund, stärkt Körper, Seele und Geist. Es ist richtig. Schweinfurt hat z.Zt. nur 54.000 Einwohner und spielt nicht in der Liga von Hamburg, München oder gar Singapur. Es ist aber die Stadt mit der höchsten Industriedichte im Einwohnerverhältnis in Deutschland aufgrund von 27.000 gewerblichen Arbeitsplätzen. Täglich pendeln 40.000 Menschen zur Erwerbsarbeit ein. Es fahren elektrische Autos mit Antriebssträngen aus dieser Stadt. Weltweit rollen PKWs, LKWs und Züge, die gelagert bzw. gedämpft sind mit Produkten aus Schweinfurt. Auch der weltweite Luftraum ist belebt mit Flugkörpern, die made in Schweinfurt in sich tragen.
Vor 30 Jahren hat die Stadt die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, was es bedeutet, einen beachtlichen Anteil von Arbeitsplätzen zu verlieren. Auch heute stehen über vielen Arbeitsplätzen Fragezeichen. Wir als Christen sehen die Menschen dahinter und daher beteiligen wir uns an den derzeitigen Aktionen „SOS Kugellagerstadt“ zur Zukunft des Industriestandortes Schweinfurt. Wer kann, ist herzlich eingeladen am Donnerstag, den 18.04.2024 um 10.30 Uhr auf den Marktplatz in Schweinfurt, sich mit den Belegschaften und ihren Gewerkschaften zu solidarisieren. Alle anderen dürfen weiter den göttlichen Auftrag „Suchet der Stadt Bestes“ in ihre Arbeits- und Lebenswelt tragen.
Klaus Hubert, afa-Geschäftsführer und kda-Arbeitsseelsorger/Schweinfurt