„Eine Hängematte sieht anders aus“: kda-Leiter Peter Lysy zur Bürgergelderhöhung

NÜRNBERG. Am 1. Januar 2024 wird das Bürgergeld um 61 Euro auf 563 Euro steigen. Als dringend notwendige Inflationsanpassung bewertet kda-Leiter Peter Lysy diese Anhebung, die in der politischen Debatte derzeit für heftigen Streit sorgt. Der kda Bayern zeigt mit seinem Onlinespiel „Bürgergeld-Bingo“, wie knapp und lückenhaft das Existenzminimum tatsächlich immer noch ist.

Reichen 3,90 Euro für drei Mahlzeiten?

6,50 Euro hat eine erwachsene Person nach der Bürgergelderhöhung täglich für Lebensmittel zur Verfügung. Von 3,90 Euro soll ein Kind satt werden. Reicht das für drei Mahlzeiten und eine ausgewogene Ernährung? Dies ist nur eine von vielen kritischen Fragen, die man stellen muss, wenn es um die Höhe des Existenzminimums in Deutschland geht.

Bürgergeld-Bingo – das Existenzminimum nachempfinden

Beim „Bürgergeld-Bingo“  können Bürgerinnen und Bürger simulieren, wie es ist, von 563 Euro im Monat zu leben, indem sie das Geld auf einzelne Bedarfe wie Ernährung, Mobilität, Kommunikation, Gesundheit etc. verteilen. Das Onlinespiel hat der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt in Bayern entwickelt und gemeinsam mit der Diakonie Deutschland, dem Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und dem Armutsnetzwerk von Menschen mit Armutserfahrung auf die Beine gestellt. Es ist ein Empathie-Spiel, das sich insbesondere an Menschen in gesicherten Einkommensverhältnissen richtet.

Ein Spiel, das keinen Spaß macht

„Bürgergeld-Bingo ist ein Spiel, das garantiert keinen Spaß macht“, sagt kda-Leiter Lysy. „Wer es spielt und wirklich alle Ausgaben des täglichen Lebens berücksichtigt, merkt schnell, dass man auf fast alles verzichten muss, was einem selbstverständlich vorkommt.“ Das Bingo solle das Zerrbild vom bequemen Leben im Bürgergeld geraderücken, so Lysy.

Armut, Sanktionen und Umzüge

In der aktuellen Debatte werde oft behauptet, dass das Bürgergeld viel zu großzügig sei, doch das Gegenteil sei richtig, sagte der evangelische Pfarrer. „Die Anhebung des Bürgergeldes gleicht bestenfalls die empfindlichen Kaufkraftverluste der letzten Jahre aus.“ Es blieben aber nachweislich große Lücken im Existenzminimum. „Dass Menschen ihren Job für ein Leben im Bürgergeld kündigen, wie manche behaupten, lässt sich statistisch nicht belegen. Und es würde mich auch überraschen. Denn Erwerbstätige haben durch Hinzuverdienstregeln immer mehr Geld zur Verfügung als Menschen, die nur vom Bürgergeld leben.“ Außerdem erhielten Bürgergeld-Beziehende keine Rentenansprüche, seien vollkommen vom Jobcenter abhängig, könnten sanktioniert und zu Umzügen gezwungen werden, so Lysy. „Eine Hängematte sieht anders aus.“

Armut, Politik, Solidarität

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