Gib Armut und Benachteiligung keine Chance!

NÜRNBERG. Das Bündnis „Wir transformieren Bayern“ organisierte am 17. Juli 2023 die Veranstaltung „Gib Armut und Benachteiligung keine Chance“. Vor dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat kamen rund 90 Personen zusammen und hörten den Berichten von Armuts-Betroffenen zu. Der kda Bayern und die „Aktionsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen“ (afa) sind Mitglied im Bündnis und haben die Veranstaltung mit vorbereitet und durchgeführt. Unser kda-Kollege Thomas Krämer war vor Ort und berichtet. 

Betroffenen zuhören!

In der Gesprächsrunde zum Thema Armut kam eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern zu Wort. Trotz zwei Jobs und berufsvorbereitendem Praktikum ist sie auf auf Sozialleistungen angewiesen. In ihrem Lehrberuf könne sie aufgrund der üblichen Arbeitszeiten ab 6.00 Uhr nicht arbeiten, so die 36-Jährige. Nun hoffe sie auf eine Ausbildung als Erzieherin nach dem Sommer.

Der Betriebsratsvorsitzende von Galeria Kaufhof, Thomas Vieweg, berichtet, dass die Galeria-Angestellten jährlich bereits auf 5.000 Euro Gehalt verzichtet hätten. Viele von ihnen hätten nun dennoch ihre Arbeit verloren, nur damit die Immobilien gute Renditen in die Taschen des Eigners spülen können. Das sei eine krasse Umverteilung von unten nach oben.

Die Vorsitzende des VdK-Ortsverbandes, Marion Schmidt, berichtete von der stark zugenommenen Armut und brachte ein Beispiel aus der Praxis mit: Sie habe vor kurzem ein VdK-Mitglied getroffen, dass Pfandflaschen aus Mülleimern sammelte. Nach längerem Zögern habe sie die Person angesprochen und erfahren, dass diese Flaschen sammle, um sich einen neuen Herd leisten zu können. An dem aktuellen Gerät funktioniere leider nur noch eine Platte.

Die Nachfrage beim Sozialamt habe ergeben, dass man da nichts machen könne, da im Regelsatz ja bereits 30,57 Euro im Monat für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und Haushaltsgegenstände und laufende Haushaltsführung vorgesehen seien. Das sei mehr, als man in normalen Monaten dafür ausgebe und der Restbetrag sei anzusparen, bis man sich einen neuen Herd kaufen könne. Der VdK habe daraufhin unter den anderen Mitgliedern im Ortsverband gesammelt, so Marion Schmidt, damit die untragbare Situation für sein Mitglied nicht weiterbestand.

Gesprächsrunde zum Thema Inklusion

In der zweiten Gesprächsrunde kamen Menschen mit Behinderungen zu Wort. Ein Mitglied des Behindertenrats der Stadt Fürth, Fabian Kittel, thematisierte die mangelnde Barrierefreiheit im ÖPNV. Dies schränke Mobilität ohne Auto stark ein oder macht sie gar unmöglich. Dabei habe Ministerpräsident Markus Söder bereits im Jahr 2013 erklärt, dass Bayern 2023 barrierefrei sein solle. Hiervon sei man noch meilenweit entfernt, selbst wenn alle existierenden Unterstützungsmittel funktionieren würden.

Der Vorsitzende des Behindertenrats der Stadt Nürnberg, Peter Vogt, berichte von der schwierigen Lage, eine barrierearme oder barrierefreie Wohnung zu finden. Nur im absoluten Idealfall sei diese für die Betroffene dann auch noch bezahlbar. Er selbst habe das Glück, eine passende Wohnung beim Evangelischen Siedlungswerk (ESW) gefunden zu haben. Das ESW tue bereits einiges für barrierefreie Wohnungen, sei damit aber leider eher die Ausnahme denn die Regel am Wohnungsmarkt.

Die Vorsitzende des Behindertenrats Mittelfranken, Angelika Feisthammel, forderte mehr Inklusion in Sachen Bildung, von den Schulen und Hochschulen bis hin zur Erwachsenenbildung in den Volkshochschulen. Sie thematisierte auch die mangelnden Möglichkeiten selbst bei guter Ausbildung im sogenannten 1. Arbeitsmarkt eine Arbeitsstelle zu finden. Für den Schulbereich forderte Sie ein sogenanntes Pooling-System, welches die Integration gut machbar realisiere und dort, wo es dieses bereits gäbe auch gut funktioniere.

„Geld oder Leben“

Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Aktion „Geld oder Leben“. In großen Geldsäcken wurden für einzelne Forderungen die letzten Cents der Teilnehmenden gesammelt. Danach wurden die Säcke auf die Stufen vor dem Ministerium abgelegt, damit sie hoffentlich in Zukunft von staatlicher Seite rest-finanziert werden. Die Forderungen des Bündnisses konnten leider weder Staatsminister Albrecht Füracker noch Staatsministerin Ulrike Scharf übergeben werden. Beide machten den Termin trotz rechtzeitiger Anfrage nicht möglich. Ebenso wenig entsendete eines der Ministerien eine andere Person als Vertretung.

Thomas Krämer, wissenschaftlicher Referent im kda Bayern

Bilder: Norbert Feulner, DGB

 

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