BAD STAFFELSTEIN. Glasmacher, Krankenschwester, Polsterer und Porzellan-Malerin: beim afa Seminar in Schwabthal brachten die Teilnehmenden aus Oberfranken und Thüringen Werkzeuge aus ihrer Arbeit mit und erzählten über Erfahrungen aus ihrem oft langen Erwerbsleben. Es wurde deutlich, wie sehr sich Berufsbilder, aber auch gesellschaftliche Konventionen geändert haben.
Am liebsten wären sie Lokführer, Friseurin, Stewardesse, Lehrerin oder Pilot geworden, aber der Weg zu ihren Traumberufen war für die meisten verbaut. „Bei uns gab es keine Berufs-Beratung, da haben die Eltern bestimmt, was gelernt wird. Entweder hat der Vater gesagt ‚Damit hast du keine Zukunft‘ oder ‚Das wäre doch was für dich’“. Viele der Teilnehmenden haben die Schule früh beendet und sind gleich in die Ausbildung gegangen. „Wir mussten Geld heimbringen“, so ein Teilnehmer. Und auf dem Dorf gab es wenige Autos, um weiter entfernt eine Ausbildung zu machen.
Nicht weniger stolz präsentierten die „Werkzeugen“ ihre Schieb-Lehre, das Strom-Messgerät, Verbandsschere, Pinsel, den Steno-Block, die Feile, das Betriebsverfassungsgesetz oder die OP-Schläuche. In vielen Jahrzehnten haben sie Höhen und Tiefen der Industriegeschichte in Oberfranken und Thüringen miterlebt. Rezession, Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlagerung und schlaflose Nächte genauso wie Kollegialität, Weiterbildung, Betriebsausflug und Anerkennung. Insbesondere in Ostdeutschland mussten sich viele nach der Wiedervereinigung umorientieren und neue Berufe erlernen.
Damit die Arbeitsgeschichten über das Seminar hinaus lebendig werden, wurden Fotos und O-Töne aufgenommen. Eine kleine Arbeitsgruppe wird mit Interviews und Bildern weiterarbeiten und überlegen, wie und wo man die Geschichte(n) wirkungsvoll präsentieren kann. Über die Ergebnisse werden wir hier auf unserer Website berichten.
(Foto: kda Bayern)
