Seit vielen Jahrzehnten gibt es im Bereich der christlichen Kirchen die gute Tradition, das neu begonnene Jahr unter einem ermutigenden Bibelvers zu stellen. Auch Menschen, die nicht christlich oder religiös sozialisiert sind, fühlen sich oft angesprochen von dieser Losung als wichtigen Anstoß, um menschliches Denken und Handeln zu reflektieren.
Die Losung für 2021 ist aus der sogenannten Bergpredigt Jesu und lautet: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. (Lukas 6,36)
Zuerst stolpert man natürlich über das Wort “barmherzig”, das im Mittelalter ausgeprägt wurde. Durch Martin Luther ist es nicht nur in die deutsche Sprache eingegangen. Er hat den biblischen Vers grundlegend neu ausgelegt. Barmherzigkeit ist nicht nur die Wesenszuschreibung für die göttliche Instanz, sondern sie ist die Grundlage jeglichen Zusammenlebens, -arbeitens und -wirkens.
Beispiele hierfür gibt es aus meiner Sicht und Erfahrung auch in der Arbeitswelt:
Ein Fehler führt nicht zur Entlassung oder zum Verlust des Arbeitsplatzes, sondern man bekommt die Chance, daraus zu lernen. Aus dem Lerneffekt profitiert man selbst und viele andere. In einem anderen Fall werden Gemeininteressen vor Einzelinteressen gesehen und gestellt. Und in einem dritten Beispiel wird bei Konflikten eine gemeinsame Basis und Lösungsmöglichkeit gesucht – ein guter, tragfähiger Kompromiss entseht.
Das Wort “barmherzig” wird oft gleichgesetzt mit dem Wort “Mitleid”, modern kann man “Empathie” sagen. Auch als Charaktereigenschaft wird Barmherzigkeit in Lexikas beschrieben. Das Besondere an dieser Charaktereigenschaft ist, dass wir als Menschen angewiesen sind, sie zu erfahren. Die drei Beispiele oben sind ja nur eine Spitze eines positiven und ermutigenden Eisberges. Als „Hausaufgabe“ gebe ich Ihnen mit auf den Weg durch das begonnene Jahr, darauf zu achten, wo und wie Ihnen in Ihren Lebens- und Arbeitswelten im besten Sinne des Wortes Barmherzigkeit geschieht und dies auch auszudehnen in Ihren Blick auf die Menschen, die mit Ihnen leben und arbeiten. Es ist weniger ein Appell, sondern die Einladung, Barmherzigkeit sich schenken zu lassen und dann auch gerne und vielfältig an die Menschen in seiner Arbeits- und Lebenswelt weiterzugeben.
Ich bin der Auffassung, dass ein barmherziger Blick und Umgang miteinander erst Leben und Arbeit möglich, lebens- und erstrebenswert macht. Im diesen Sinne verstehe ich das diesjährige Losungswort: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Von Herzen wünsche ich Ihnen persönlich, Ihren Familien und allen Ihnen in der Arbeits- und Lebenswelt begegnenden Menschen ein gutes, barmherziges und gesegnetes Leben, Arbeiten und Wirken.
Ihre Erfahrungen mit Barmherzigkeit in der Arbeitswelt können Sie mir gerne mitteilen und weitergeben.
Klaus Hubert, afa-Geschäftsführer
Mail: hubert@kda-bayern.de
(Titelbild: Gerd Altmann/ pixabay.com)