Ich stehe mit meinem Paket in der Schlange vor der Post. Nicht erst seit Pandemiezeiten ist sie oft lang. “Wir haben es uns halt anders überlegt.” Aus diesem Grund gehen zahllose Pakete wieder zum Absender zurück. Statt der festlichen Hose möchte sie lieber ein Kleid. Die Backformen braucht er eigentlich überhaupt nicht. Und der Bluetooth-Lautsprecher von der anderen Marke gefällt mir jetzt doch besser.
Vermutlich können auch Ladenbesitzer, Hotelbetreiberinnen, Handwerker und Mitarbeiterinnen aus vielen anderen Bereichen ein Lied davon singen. Was nicht gefällt, wird zurückgegeben, umgebucht, neu geplant. Wir haben es uns halt anders überlegt.
Inzwischen ist die Möglichkeit, sich spontan umzuentscheiden, fast schon selbstverständlich geworden. Doch dieser Wankelmut macht es den Betrieben oft schwer, gerade den kleinen. Die einen behelfen sich mit Änderungsgebühren. Die anderen versuchen auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen und haben dann oft selbst das (finanzielle) Nachsehen. Von den ökologischen Folgen unseres Wankelmuts einmal ganz abgesehen.
Mit einem Mal muss ich an das Motto des 1. Mai in diesem Jahr denken: „Solidarität ist Zukunft“. „Gehört es zu Solidarität nicht auch dazu, verlässlich zu sein?“, frage ich mich. Sicherlich kann ich mich punktuell mit anderen solidarisch zeigen, beispielsweise für ein einzelnes Anliegen oder eine einmalige Aktion. Aber Solidarität lebt im Grunde davon, dass Menschen dauerhaft miteinander durch Dick und Dünn gehen. Dass sie an ihrer gegenseitigen Unterstützung über längere Zeit festhalten. Dass sie anderen beharrlich zur Seite stehen. Solidarität hat nur dann Zukunft, wenn wir es uns nicht ständig anders überlegen, sondern zu unseren gemachten Zusagen stehen.
Ich bin froh, dass Gott so beständig und in diesem Sinne solidarisch mit uns ist. „Alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun“, heißt es im Buch Prediger (Pred 3,14). Gott überlegt es sich nicht anders. Er bleibt bei seinen Entscheidungen, wirkt unerschütterlich weiter, hält an seiner Beziehung zu uns fest.
Ich finde, in allen wankelmütigen Um-Entscheidungen des Alltags tut diese Verlässlichkeit gut. Sie gibt mir Halt. Sie eröffnet mir eine Perspektive für die Zukunft. Ich kann darauf vertrauen, dass Gott auch in Zukunft da sein wird. Nur an einem Ort werde ich ihn nicht antreffen – in der Schlange vor der Post. Und gerade das ist sehr beruhigend.
Sabine Weingärtner, kda Nürnberg
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