Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen. (Ps 24, 1)
Besitztümer sichern, Besitz wahrnehmen, Besitz erwerben – all dem gilt direkt oder indirekt ein erheblicher Teil der im Arbeitsleben eingesetzten Energie. Da, wo Besitzansprüche geltend gemacht werden, gehen diese stets auch mit Gestaltungswillen einher. Besitz ist rechtlich geschützt. Der Firmenbesitz, aber auch staatliche oder kirchliche Besitztümer sind mehr oder weniger sakrosankt im Wirtschaftsleben. Nicht zuletzt für den einzelnen Arbeitnehmer ist es nach wie vor erstrebenswert, Grund- und Wohneigentumsbesitz zu erwerben und sich so eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Beim Thema Besitz schwingt häufig eigensinnige Selbstbehauptung mit, dass der Besitzer oder die Besitzerin sich freie Verfügung über seinen bzw. ihren Besitz vorbehält.
Die Heilige Schrift reklamiert nun die gesamte Erde für den Herrn des Himmels und der Erde. „Die Erde ist des Herrn.“ Damit erfahren alle berechtigten und unberechtigten menschlicher Besitzansprüche eine nachdrückliche Relativierung. Menschlicher Besitz ist in zeitlicher Hinsicht nur eine vorläufige Angelegenheit. Im Horizont der Ewigkeit handelt es sich viel eher um eine Leihgabe. Zudem setzt menschlicher Besitz Gottes Schöpferhandeln voraus. Außerdem gibt Gott seine Besitzansprüche auf die Erde und seine Bewohner überhaupt nicht preis. Die Erde ist auch weiterhin des Herrn.
Diese theologische Relativierung menschlichen Besitzstandsdenkens ist doch dringend notwendig und hilfreich. Wir haben eben kein freies Verfügungsrecht über die Erde und ihre Bewohner, sondern diese Einschränkung macht einen achtsamen Umgang mit den anvertrauten Gütern erforderlich. Bewahrung der Schöpfung ist selbstverständlicher Ausdruck der Geschöpflichkeit des Menschen. Deshalb stelle ich mir die Frage: Wie kann ich in meinem beruflichen Umfeld ökologische Verantwortung wahrnehmen? Wenn ich das Bekenntnis des 24. Psalms zu den Besitzverhältnissen in der Schöpfung in mich aufnehme und ihm in mir Raum gebe, dann werden Besitzstandsdenken und Besitzstreben sicher nicht meine persönliche Haltung sein können. Ich höre allerdings aus dem 24. Psalm auch eine mich beruhigende Zusage heraus: Die Erde und ihre Bewohner sind des Herrn. Und ich hoffe sehr, dass Gott der Herr seinen Besitz auch schützend und bewahrend in Anspruch nimmt und dabei auch mich und meine kleine Welt mit einschließt.
Leider tun wir Menschen gerade durch unsere berufliche Tätigkeit dieser Erde ökologisch sehr viel Gewalt an. Dabei denke ich beispielsweise nur an meine eigenen zahlreichen Dienstreisen, aber auch den bei einer Bürotätigkeit anfallenden Ressourcenverbrauch. Das Klimaproblem ist bekannt, aber noch längst nicht mit hinreichender Konsequenz Maßstab beruflichen Handelns. Wie schön und lebensrettend wäre es doch, wenn allen Berufstätigen der pflegliche Umgang mit der Leihgabe von Gottes Erde noch besser gelänge! Gott stellt uns seinen Besitz zur zeitweiligen Nutzung zur Verfügung. Dem Herrn des Himmels und der Erde ist die Schönheit und der Reichtum seines Eigentums zu verdanken. Aber vielleicht führt das Bewusstsein über die wahren Besitzverhältnisse auf dieser Erde doch schon zu einem anderen, respektvolleren, behutsameren und bewussteren Umgang. Es wäre dringend erforderlich!
Herr Gott, Schöpfer der Welt,
wir danken dir für die Schönheit
und den Reichtum deiner Schöpfung.
Wir bitten dich:
Befähige uns zu einem achtsamen Umgang
mit den Gaben dieser, deiner Welt.
Dich loben und preisen wir, dreieiniger Gott,
als den Anfänger, den Erhalter und den Vollender all dessen, was lebt. Amen
Dr. Johannes Rehm, Leiter kda Bayern
entnommen dem Buch: Johannes Rehm, Wirtschaftswunder. 52 Lichtblicke für den Arbeitsalltag, Leipzig 2021.
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