Zu Beginn der Woche begingen Christinnen und Christen aller Welt den Palmsonntag als Einstieg in die sogenannte Kar- und Passionswoche. Ich habe diesen Einstieg diesmal besonders intensiv erlebt. Ich hatte Gottesdienst in meiner eigenen Gemeinde mit dem Namen Heilig Kreuz zu halten. Sie ist nach dem Kreuz benannt, welches ja im Zentrum der Karwoche wie auch unseres Glaubens steht.
In der Zeit der Corona-Pandemie sind mir die Gottesdienste, die ich mitfeiern oder selber leiten konnte, zum hoffnungsvollen Beginn und guten Abschluss der Woche geworden. Wenn man den Bibeltext betrachtet, ist der Palmsonntag ein widersprüchlicher und kontrastreicher Tag. Die aktuelle Situation unserer Welt, das Empfinden vieler Menschen, dass wir uns in einer Zeitenwende befinden und das Hoffen auf schnelle und eindeutige Lösungen bilden den Hintergrund. Als „Hausaufgabe“ gebe ich Ihnen für eine Stille Zeit in der Karwoche den Bibeltext mit auf den Weg: Johannes 12,12-19.
Es kann der Beginn eines Kreuzweges sein, so wie gestern in Schweinfurt beim Kreuzweg der Arbeit. Eine ökumenische Gemeinschaft von über 100 Christinnen und Christen machte sich von Hoffnung singend auf den Weg durch die Stadt – hinter dem Kreuz der Arbeit, schlicht, sichtbar und 2 Meter hoch. Durch eine geschäftige Stadt führte der Kreuzweg mit Gebet, Liedern, Wort und Auslegung. Gestern waren die Straßen und Plätze, die Cafes und Geschäfte voll – ein sonniger Frühlingstag. An Plätzen mit Bezug zur Arbeits- und Lebenswelt wurde Station gemacht. Viele brennende Themen der Arbeitswelt vor Ort, aber auch unserer ganzen Welt, wurden im Kontext der Botschaft von Kreuz und Auferstehung, von Gerechtigkeit, Liebe und Barmherzigkeit benannt.
- Die Auswirkungen der durch die Pandemie und den aktuellen Krieg in Europa verstärkten Transformation in unserem Arbeiten und Wirtschaften, z. B. durch Unterbrechung der Lieferketten
- Die weiterhin sich verschärfende Situation für Pflegende und zu Pflegende
- Das Miteinander von Menschen mit und aus verschiedenen Kulturen, Religionen, Nationen und Sprachen in einer Industriestadt, in der Migration seit Jahrzehnten zum Normalfall gehört
Das Kreuz war nicht nur sichtbar unter der Kreuzweggemeinde und darüber hinaus in der Stadt. Es ist wirksam als ein Zeichen des Sieges des Lebens über den Tod, der Gerechtigkeit über die Ungerechtigkeit, der Liebe über alles Böse. Das Kreuz, auch „unser Kreuz mit der Arbeit“, ist ein Zeichen unserer Hoffnung auf die Auferstehung Jesu. Die ist sinnbildlich für alles Aufstehen nach dem Fall, den viele Menschen erlitten haben.
Das Kreuz ist auch ein Hoffnungszeichen für das Aufstehen für andere Menschen. Das Eintreten für soziale Gerechtigkeit und den Zusammenhalt der ausgenutzten Mitmenschen gehört zu dieser Hoffnung und Haltung.
So dürfen wir hineingehen in die Karwoche, in eine stille Zeit – auch wenn alles um uns herum schreit. Eine Zeit der Besinnung auf das, was war und kommen wird. Eine Besinnung auf den, der ist und der kommen wird – der gekreuzigte, der auferstandene Jesus Christus.
Klaus Hubert, Diakon, Geschäftsführer afa
Foto: kda Bayern