„Die Corona-Pandemie hat viele Pflegekräfte nicht nur in ethische Dilemmata gestürzt. Dieses viele Sterben hat auch etwas ausgelöst. Viele hatten einfach gar keine Sprache dafür, was sie da umtreibt.“ So hat es Michael Wittmann, der Geschäftsführer der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, in einem Austausch vor Kurzem auf den Punkt gebracht.
Keine Sprache mehr zu haben für das, was einen umtreibt – das ist eine Erfahrung, die Menschen machen, wenn sie an die Grenzen ihrer Erfahrung und über die Grenzen des eigenen Ertragens geraten. Man bekommt keinen Zugriff mehr, weil man keinen Ausdruck hat. Keine Sprache haben für das, was einen umtreibt, kann eine beängstigende, eine lähmende, eine erschütternde Erfahrung sein. Trauernde kennen diese Erfahrung, Traumatisierte, Vertriebene, Verlassene, Gescheiterte. Und auch im Berufsleben gibt es Momente, gar Phasen dieser völligen Sprachlosigkeit.
In Momenten eigener Sprachlosigkeit habe ich erfahren, wie gut es tut, dass da schon andere vor mir gesprochen haben, die in ähnlichen Situationen waren. „Ich bin matt geworden und ganz zerschlagen; ich schreie vor Unruhe meines Herzens. Herr, du kennst all mein Begehren, und mein Seufzen ist dir nicht verborgen.“ Wie in diesen Versen des 38. Psalms finden sich viele Stellen in der Bibel, die mir geholfen haben, aus der eigenen Sprachlosigkeit herauszufinden und eine Sprache für das bis dahin Unsagbare zu finden. Und manchmal, da reicht die Erinnerung an diesen Vers des Paulus: „Wir wissen nicht, was wir beten sollen… sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.“ (Römer 8, 26).
Wenn mir selbst die Worte fehlen, tut es gut zu wissen, dass Gottes Geist für mich Worte hat, auch wenn ich diese Worte nicht verstehe, weil ich gerade gar nichts verstehe. Es tut gut zu wissen, dass die Sprache, die ich brauche, in Situationen der Sprachlosigkeit mich schon finden wird, weil Gott mich finden wird mit Worten, die wieder Leben einhauchen. Daran glaube ich und darum bitte ich heute für alle, die sprachlos sind, dass ihnen Gott solche Worte schenke.
Peter Lysy, kda München
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