Es ist alle paar Jahre eine gute, inzwischen vertraute Wiederholung: Der Tag der Arbeit fällt auf einen Sonntag. Für viele ist dies erst einmal enttäuschend. Es bedeutet nämlich einen arbeitsfreien Feiertag in der Jahresbilanz weniger. Bei näherem Hinschauen jedoch fallen manche Parallelen der beiden Feiertage auf.
So wie der Sonntag eine wichtige Zäsur im Zeit-, Lebens- und Arbeitsrhythmus ist, insbesondere als Tag der Besinnung und Regeneration, so ist der Tag der Arbeit seit vielen Generationen ein Tag der gemeinschaftlichen Vergewisserung von Solidarität. Die Wurzel des Sonntags ist der Sabbat, der Befreiungstag aus der Sklaverei und aller damit verbundenen Ungerechtigkeit. Der Tag der Arbeit erinnert an das langjährige solidarische Ringen und Engagement für bessere Arbeitsbedingungen, Gerechtigkeit in Lohn und Teilhabe und eine friedvolle Zukunftsperspektive für alle Menschen.
Der Sonntag ist der Tag der Auferstehung nach der Hinrichtung Jesu am Karfreitag. Der Tag der Arbeit und die Geschichte der Arbeiter*innenbewegung kennt viele Menschen, die ohne Schuld und Tadel ihr Leben für Gerechtigkeit, Teilhabe, Frieden und eine hoffnungsvolle Zukunft hergeben mussten. Wichtig ist für uns als Kirchen, dass wir den Tag der Arbeit – nicht nur am Sonntag – weiter in guter Partnerschaft mit den gastgebenden Gewerkschaften begehen, jedoch als Gäste, d. h. ohne diesen Tag zu vereinnahmen.
“GeMAInsam Zukunft gestalten” lautete das diesjährige Motto. Das Wort “Mai” erinnert in guter Weise an die oben beschriebene Geschichte des Tages der Arbeit. Zukunft gestalten fällt momentan vielen Menschen schwer. Dies gemeinsam zu tun fällt noch schwerer, fühlen sich doch viele den globalen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen hilflos ausgeliefert.
Trotz des nominellen Reichtums unseres Landes sind die sozialen Fragen die gleichen wie die Jahre vorher. Eher nehmen die Ungerechtigkeiten noch zu. Die Abnahme von Tarifbindung und Mitbestimmung, Altersarmut durch nicht ausreichende Renten, die Schere von Arm und Reich ist obszön. Die aktuelle Situation des Krieges in Europa und der vielen Kriege auf der Welt einschließlich der Wirtschafts- und Währungskriege zeigen ihre Auswirkungen. Die Basis für gerechte Teilhabe und Wohlfahrt wird für die meisten Menschen rapide geringer. Sie geht einher mit dem Verlust von Kaufkraft, bezahlbaren Energie- und Lebenshaltungskosten und des Verlustes von Planbarkeit, Hoffnung und Sicherheit.
Folgendes nachösterliche biblische Wort (Matthäus 28. 20) kommt mir da in den Sinn: “Jesus Christus spricht: ‘Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.'” Christus verspricht in diesem Wort, mit uns an unserer Seite „gemeinsam Zukunft zu gestalten“. Er verspricht, uns nicht in der derzeitigen Situation der Unsicherheit, der Umbrüche und der Hilflosigkeit alleine zu lassen. Seine Zusage gilt global und allen Menschen, über die Grenzen von Religion und politischer Ansicht hinaus. Er ist es, der uns Kraft und Hoffnung gibt für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.
Klaus Hubert, kda Nürnberg
(Foto: jarmoluk/pixabay via canva)