Der Begriff Advent geht auf den griechischen Begriff epipháneia (Erscheinung) zurück. Im Römischen Reich wurde damit Ankunft und Anwesenheit von Amtsträgern, insbesondere von Königen oder Kaisern bezeichnet. In der christlichen Überlieferung steht Advent für die Hoffnung auf die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Der Advent gilt damit als Zeit der Erwartung und der Hoffnung auf besseres Leben und Arbeiten.
Diese Erwartung und Hoffnung hatten konkret viele Millionen Menschen auf die geplanten Änderungen der bisherigen rigiden Hartz-IV Regeln hin zum Bürgergeld gesetzt. Die Ampelkoalition hat sich am Dienstag letzter Woche mit der CDU/CSU auf das „Bürgergeld“ verständigt. Vom Kernstück der Reform, hin zu mehr Menschenwürde und weniger Sanktionen, ist nach der Blockade des Gesetzes durch die CDU/CSU wenig übrig geblieben.
Das Sanktionsregime soll unverändert bestehen bleiben. Die geplante Vertrauenszeit von einem halben Jahr, in der nur Terminverstöße mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden sollten, ist vom Tisch. Wer seine Mitwirkungspflichten verletzt, soll vom ersten Tag an mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden. Im zweiten Monat sollen 20 Prozent, ab dem dritten Monat 30 Prozent gestrichen werden – und das von einem Existenzminimum, das zu tief angesetzt ist. 725 Euro wären das absolute Minimum, zeigen seriöse Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Mit dem Bürgergeld ist eine Erhöhung um 53 auf 502 Euro geplant. Dies deckt nicht einmal die aktuellen Preissteigerungen bei Strom und Lebensmitteln ab.
Diese Entscheidungen bedeuten keinerlei Verbesserung der Lebenssituation von vielen Millionen Menschen in unserem Land. Viele Betroffene sind verzweifelt, resignieren, haben keine Hoffnung und Erwartung auf eine positive Entwicklung. Eigentlich müsste man auch als Anwältin/Anwalt für soziale Gerechtigkeit und Teilhabe deprimiert den Kopf nach unten einziehen.
Advent 2022 hat jedoch „Gott sei Dank“ noch andere Botschaften für uns auf Lager. Zum Beispiel dieses Bibelwort: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Lukas 21, 28
Dieses visionäre Wort der Hoffnung, ein Wochenspruch in der Adventszeit, hat die Kraft im Großen wie im Kleinen Revolutionen auszulösen.
Ich muss dabei an eine Adventsgeschichte in einer hoffnungslosen Situation denken, in die ich „zufälliger Weise“ hineingeraten bin. Ein Mensch, abhängig von Hartz IV, bekam von mir Geld zugesteckt, aus Dankbarkeit und dem Wissen, „der kann es brauchen“. Sein Kopf ging nach oben, Tränen der Anspannung und der Freude lösten sich und auch die Erklärung kam: “Klaus, mit dem Geld kann ich die Folgen von Sanktionen auffangen. Es sichert mein Leben.” Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation war er nicht fähig, jeden, oft auch willkürlich gesetzten Termin wahrzunehmen.
Advent heißt für uns, als in Erwartung auf Jesus Christus lebende Menschen, trotz der wachsenden Ungerechtigkeit, Ungleichheit und des Unfriedens, die Hoffnung auf Gerechtigkeit, Teilhabe und Frieden nicht aufzugeben, sondern erhobenen Hauptes weiter zu verfolgen.
Klaus Hubert, afa-Geschäftsführer
Foto: Switlana Symonenko/Getty Images und grapix, Fotomontage: kda Bayern