Ein Ur-Schrei schallt über den einsamen Strand der Insel, auf der Tom Hanks alias Chuck Noland im Film „Cast away“ festsitzt. Einsam und allein auf sich gestellt nach einem Flugzeugabsturz, schafft er es nach vielen Tagen endlich Feuer zu entzünden. Nie zuvor hatte er diese Fähigkeit gebraucht. Und nun bricht sich eine archaische Freude Bahn, es ist ein Wendepunkt in seinem Leben.
So einen „Feuer“- Moment hatte ich im letzten Frühling, in dem was wir damals noch als „mitten in der Pandemie“ bezeichneten. Ich habe mein Fahrrad repariert! Die Gänge meines alten Trekkingrades wollten nicht mehr so recht, einfachste Steigungen wurden zur Qual. Früher hätte ich das Ding in eine Fachwerkstatt gebracht. Dort hätte wohl ein*e Zweiradmechaniker*in nebenbei diese Zahnraddinger (Sie erkennen nun mein Problem?) am Hinterrad nebenbei gereinigt. Doch nun musste man dem Problem selbst auf die Schliche kommen. Nach Vier Youtube-Tutorials über die Wartung von Ritzelpaketen (so heißen die Zahnraddinger also) und viel Pulerei nach Jahre altem Dreck lief alles wieder wie neu.
Wie neu – auch ich fühlte mich irgendwie neu. “Wow, ich habe repariert!” Ich sah mich bisher nämlich nie als „Selbermacher“.
Wenn Jesus bei Johannes 3,1–8 den Pharisäer Nikodemus ziemlich schroff darauf hinweist, dass er das Reich Gottes nur sieht, wenn er aus Wasser und Geist von neuem geboren wird, dann ist das nicht nur ein Hinweis auf die Taufe. Es meint auch, dass es für Menschen durchaus möglich ist, ihre Sicht auf sich selbst zu ändern. Wir sind in der Lage auf unsere menschlichen Einschränkungen anders zu blicken. Sie müssen keinen Bestand haben. Der Anfang unseres Weges ist nicht das Reich Gottes, nicht eine neue Fähigkeit oder ein fertiges Produkt. Sondern die Haltung, dass nichts in uns endgültig festgelegt ist. Dann können wir auch dem steten Wandel, ob im Büro oder Werk, gelassener gegenüber treten. Nicht weil wir uns dann immer wieder neu erfinden könnten, sondern weil wir in der Lage sind, uns selbst gleichzeitig kritisch und liebend anzublicken. Tom Hanks betont das „Ich“ in seinem Urschrei fast ungläubig. „Ich selbst kann!”
Ich glaube, es gibt eine Dynamik zwischen unserer Freiheit zum Wandel und Gottes beständiger Treue, die Funken erzeugt. „Feuer“-Momente zeigen: Wir können immer neu sein und dabei wir selbst bleiben.
Martin Deinzer, kda Nürnberg
(Foto: LUM3N/ pixabay.com)