Ich gehöre zu den absoluten Mittagessern. Ohne Mittagessen geht bei mir gar nichts. Wenn sich die Uhr einmal schon auf halb zwei zubewegt und ich immer noch nichts zu essen bekommen habe, dann werde ich in der Regel ziemlich „hangry“. „Hangry“ ist zwar „Neudeutsch“, aber ich finde, es beschreibt meinen Gemütszustand ganz zutreffend: „Hangry“ setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern „hungry“, also hungrig, und „angry“, was sich mit ärgerlich, wütend, aufgebracht übersetzen lässt. Wer hungrig ist, ist also auch aufgebracht. Hunger und Unmut gehören auch bei mir in der Regel zusammen.
Bei meiner Arbeit im kda spüre ich immer wieder auch diesen anderen Hunger: den Hunger nach Gerechtigkeit in unserer (Arbeits-)Welt. Wir sind „hangry“. Wir hungern nach Gerechtigkeit. Und dabei sind wir oft genug ärgerlich, wütend, aufgebracht, weil diese Arbeitswelt sich nur so langsam und in so unglaublich kleinen Schritten verändern lässt.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden, heißt es in der Bergpredigt Jesu (Matthäus 5,6) Das sind Worte voller Verheißung.
Es ist fast so wie um die Mittagszeit: Wenn ich weiß, dass die Imbissbude um die Ecke ist und ich da bald einkehren werde, geht es mir gleich besser. Der Hunger ist zwar noch da, aber mein Unmut verfliegt. Kopf und Herz sind wieder frei.
Gott verheißt mir eine Perspektive. Er ist quasi meine „Imbissbude“. Er gibt mir einen Ort, an dem ich satt werde. Und ich bin zutiefst dankbar, dass ich als Christin, diese Gewissheit haben darf.
Vielleicht sollten wir im Anschluss an die Verheißung aus der Bergpredigt ein neues neudeutsches Wort einführen: „hufree“. „Hufree“ setzt sich zusammen aus „hungry“, also hungrig, und „free“, was sich mit frei, umsonst, offenherzig übersetzen lässt.
Ja, das kann ich mir gut vorstellen: sich frei, umsonst und mit offenem Herzen für die Gerechtigkeit in unserer Arbeitswelt einzusetzen. Ich denke, es ist im Sinne dessen, was Jesus uns verheißt: Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Sabine Weingärtner, kda Nürnberg
(Foto: shironosov/ Getty Images via Canva)