Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. (Psalm 90,12)
Am letzten Sonntag feierten die evangelischen Christen den Ewigkeitssonntag mit dem das Kirchenjahr seinen Abschluss findet. In vielen Kirchengemeinden werden im Gottesdienst die Namen der Verstorbenen des vergangenen Jahres verlesen. In diesem Jahr sind viele an Corona Verstorbene darunter, die unter „normalen“ Verhältnissen noch leben würden. Warum nur mussten sie sterben? Ich weiß es nicht und ich verstehe es nicht – Gott sei es geklagt!
In meinem Arbeitsleben ist für mich der Gedanke an die Endlichkeit meines Lebens und an die Vergänglichkeit dieser Welt sehr weit weg. Die nächsten Termine, aktuelle Aufgaben und bevorstehende Herausforderungen erfordern meine ganze gespannte Aufmerksamkeit. Indem ich durch meine Arbeit gefordert und von meinen Kollegen gebraucht werde, erfahre ich meine Lebendigkeit. Es erfüllt mich, ein tätiges Leben führen zu können.
Der Psalm 90 bringt mich noch auf einen anderen Gedanken, den ich gerne ausblende und dem ich nicht freiwillig nachhänge. Dabei weiß ich ganz genau, wie recht die Bibel hat. Mein Leben, einschließlich meines Arbeitslebens, ist wie alles menschliche Leben endlich und begrenzt. Meine Dienstaufgaben sind vor mir schon von anderen wahrgenommen worden und mein Arbeitsplatz wird voraussichtlich auch einmal mit einer anderen Person besetzt sein. Damit verliert mein eigener Arbeitseinsatz nicht seine Bedeutung. Die Aufgabe in meinem Beruf meinem Nächsten eine Hilfe zu sein, bleibt mir. Es ist für mich entlastend und befreiend, meine Endlichkeit zu bedenken und mit meiner Sterblichkeit zu leben. Ich muss meiner Arbeit und damit auch mir selbst keine Ewigkeitsbedeutung beimessen. Klug ist es, wenn ich meine Grenzen als Mensch kenne und akzeptiere.
Diese Lebensklugheit lässt mich dankbar sein für die Gemeinschaft, die ich jetzt mit meinen Kolleginnen und Kollegen auf der Arbeit erleben darf. Sie lässt mich hoffen auf Gottes Segen für meine Bemühungen und für die vor mir liegende Zeit. Klug ist es, wenn ich Gott selbst den Ewigen sein lasse und ihm mein Leben einschließlich des Lebens meiner Mitmenschen und meiner lieben Verstorbenen anvertraue.
Herr Gott, Schöpfer der Welt,
ich danke dir für die Lebens- und die Arbeitszeit, die du mir schenkst.
Ich bitte dich heute besonders für die an Corona Verstorbenen:
lass sie bei dir ewige Geborgenheit erfahren und tröste die, die um sie trauern.
Dich, dreieiniger Gott, lobe ich und bete dich an als den Anfänger und Vollender allen Lebens.
Amen
Johannes Rehm, kda Nürnberg
(Foto: AYDINOZO/ Getty Images via Canva)