Eine persönliche Wahrnehmung an diesem Samstag in einem Supermarkt, erlebt vor den vollen Regalen: Eine Mutter sagt zu ihrem Sohn: „Wir kaufen nichts. Wir müssen die nächsten Sonderangebote abwarten. Es ist alles so teuer, nicht zu bezahlen“.
Leider habe ich nicht das Gespräch gesucht. Ich habe mich weggeduckt, Solidarität und Empathie vermissen lassen. Meine Mutmaßungen: Eine ganz normale Familie, mit Eigenheim, das noch abzubezahlen ist, oder einer teuren Mietwohnung und großer Angst vor den kommenden Nebenkostenzahlungen.
Die Frage, wie man die Kostenlawine an Energie und Lebenshaltung noch bezahlen kann, treibt viele um. Wirtschaftsminister Habeck räumte bei der diesjährigen Handwerksmesse ein: „Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu. Gerade im Herbst steigt die Teuerung. Über 50 Prozent der Bevölkerung kommen in eine Situation, in der sie weniger verdienen, als sie ausgeben.“
Jeder weiß, dass die aktuellen Entlastungspakete die wirtschaftliche Kettenreaktion mit einschneidenden existenziellen Folgen nicht aufhalten können. In der aktuellen Situation kommen bereits Menschen mit gesichertem und gutem Einkommen an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit. Menschen, die bereits bisher nur über ein prekäres Budget verfügt haben, rutschen in die tiefe Armut.
Was gibt uns Orientierung, was gibt uns Halt, was stärkt Solidarität und Gemeinschaft? Hier hilft der Blick in Psalmen mit Geschichten und Gebeten, Dialoge zwischen Gott und Mensch, gerade in schwierigen, ja haltlosen Situationen.
Ich lege Ihnen den Psalm 107 in der Gesamtheit ans Herz, auch wenn ich nur die ersten und die letzten Verse zitiere: „Dankt dem Herrn, denn er ist gut! Ja, für immer bleibt seine Güte bestehen. So sollen die sprechen, die der Herr befreit hat. Er befreite sie aus Gewalt und Unterdrückung…Die Besitzlosen aber beschützte er vor dem Elend und ließ ihre Familien wachsen wie eine Herde. Die Aufrechten sollen es sehen und sich freuen. Aber alle, die voller Bosheit sind, halten den Mund.“
Der Psalm erzählt von der großartigen Güte Gottes, seinem Einsatz für Arme, Schwache und Benachteiligte. Die Ursachen von Leid, Ungerechtigkeit, Gewalt sieht der Psalmbeter im Abfall und Ungehorsam gegenüber Gott, dem Schöpfer, und seinen Geboten des Lebens. Tausende von Jahren alt ist diese Erkenntnis, aber aktueller denn je.
Den Gürtel enger schnallen, bis er das Leben abdrückt? Nein, das ist nicht die Botschaft des Psalms. Den Gürtel enger schnallen als Gürtel des Gebets, des Dialogs zwischen Mensch und Gott; den Gürtel enger schnallen als Schutz und Kraftgürtel im Kampf um Gerechtigkeit und Teilhabe; den Gürtel enger schnallen als Zeichen des unabdingbaren Vertrauens in Gott und seine Güte. Das ist die Botschaft des Psalmbeters in die heutige Situation hinein. Im letzten Vers kommt dies großartig zum Ausdruck: „Wer klug ist, wird sich diese Geschichte merken, und begreifen, was die Güte des Herrn bewirkt.“
Klaus Hubert, afa und kda Bayern
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