Gerade während der letzten beiden Sommer habe ich es sehr genossen, den Vögeln in unserem Garten zuzuschauen, wie sie von Ast zu Ast springen, von einem Strauch zum anderen flattern, wie sie im Geäst eines Baumes ihr Nest herrichten, an einer Wasserstelle im Garten trinken oder sich dort in der Hitze des Tages abkühlen, indem sie den Kopf eintauchen oder mit ihrem ganzen Gefieder hineinspringen. Es macht große Freude, dieses Zuschauen.
Zu diesem Zuschauen lädt uns ein Vers aus der Bergpredigt ein. Dort steht: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ (Matthäus 6,26)
Beim Zuschauen der Vögel, so sagt es der Vers, lässt sich etwas lernen über unser Leben. Und es lässt sich lernen, wie Gott ist. Gott, der sorgt für seine Vögel, aber nicht nur für die. Der sorgt für alles, was er geschaffen hat, auch für uns Menschen. Auf diesen Gedanken läuft ja die ganze Rede Jesu, der dieser Vers entnommen ist, hinaus: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ So sagt es Jesus (Matthäus 6,33f.).
Wie aber klingen nun diese Worte in unserer Zeit? Wie viele Menschen haben sich in der Corona-Krise um ihren Arbeitsplatz, ihr Geschäft, ihre Firma gesorgt? Wie viele sorgen sich um eine gute Zukunft für sich und ihre Lieben im Angesicht großer gesellschaftlicher Umwälzungen und planetarer Bedrohungen wie den Klimawandel?
Wo bleiben da die Vögel? Können wir das angesichts solch großer Sorgen glauben, dass der himmlische Vater sie doch ernährt – und uns auch? Und wenn wir das nicht können, wie sollen wir es denn umsetzen, was Jesus da sagt? Klingen da seine Worte nicht ganz schnell fürchterlich streng und stellt sich nicht dann gleich eine neue Sorge ein, nämlich die, dass man es einfach nicht schafft, sich nicht zu sorgen?
Ich glaube, die Weisheit der Worte Jesu liegt gerade darin, dass wir, wenn wir so auf uns zurückgeworfen werden, eben nicht voller Schrecken nach innen, auf unser besorgtes Herz schauen, sondern nach außen, da, wo wir die Vögel betrachten können, die trotz allem zwitschern und flattern, Nestlein bauen und schnabulieren, was sie am Wegesrand finden. Und die Hoffnung liegt darin, dass dann unser besorgtes Herz doch für einen Moment zur Ruhe kommt und wir, wie es uns verheißen ist, die großen Sorgen lassen können, um uns den täglichen Sorgen zu widmen, die mit Gottes Hilfe zu bewältigen nicht über unsere Kraft geht.
Peter Lysy, kda München
(Foto: artiste9999/ Getty Images via Canva)