Diese Woche vom 12.-16. Mai 2021 findet der 3. Ökumenische Kirchentag statt. Ursprünglich für Frankfurt a. Main geplant, wird auch er weitgehend virtuell stattfinden. Als Leitwort wurde „schaut hin“ gewählt, eine Verdichtung aus dem Markusevangelium (Mk 6,38). Es ist die Geschichte der „Speisung der 5000“:
Da antwortete er ihnen: »Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach!« Als sie es herausgefunden hatten, sagten sie: »Fünf Brote und zwei Fische haben wir.« (…) Da nahm Jesus die fünf Brote und die zwei Fische, schaute zum Himmel empor, sprach den Brotsegen, brach die Brote auseinander und gab sie seinen Jüngerinnen und Jüngern, damit sie austeilen sollten. Die zwei Fische teilte er unter ihnen allen auf. Alle aßen und wurden satt.
Im Text heißt es „geht und seht nach“. Schaut hin: Wer hat genug und wer benötigt etwas? Zum Beispiel Einkommen, Zuwendung, Macht und Einfluss oder weitere Ressourcen?
Schaut hin: Wen haben wir vernachlässigt in diesen Pandemiezeiten? Wer hat hier die Entscheidungen getroffen? Wessen Interessen wurden berücksichtigt, weil sie eine Lobby hatten? Wo müssen wir ausgleichen?
Schaut hin: Wechselt mal die Perspektive, damit Ihr genau hinschauen könnt.
Es sind drei Aspekte, die mich an diesem Leitwort und am dazugehörigen Bibeltext besonders ansprechen:
- Hinschauen ist mehr als sehen, es ist „sehen und urteilen“, sich eine Meinung bilden, eine Haltung dazu annehmen, Solidarität zeigen und handeln.
- Der Brotsegen, das ist der Mehrwert, das ist der Segen, der nicht nur auf den Speisen liegt. Ohne Gottes Segen reichen Brot und Fische nicht, aber mit Gottes Segen tun sich neue Möglichkeiten auf. Dann kann geteilt werden. Dann wird nicht gehortet, sondern verteilt bis alle satt sind.
- Jesus ist nicht der „Held“ dieser Geschichte, sondern er schafft Strukturen, damit die Jüngerinnen und Jünger handeln können. Nicht „geht mal auf die Seite, ich mache das schon!“, sondern er braucht uns, damit es gelingt. Wir sind die, die handeln können. Die zu den Menschen gehen sollen. Die feststellen, wieviel zu essen da ist. Die verteilen. Und – wir sind nicht alleine, wir sind viele… auf diesem Kirchentag, in unseren Quartieren, in unseren Ländern und weltweit.
Der Pfarrer und Dichter Kurt Marti bringt dieses solidarische Wirtschaften mit seinem Gedicht „gnadenwirtschaft“ auf den Punkt:
gnadenwirtschaft
wenig haben
austeilen
weniger haben
mehr austeilen
nichts haben
viel austeilen
in der wüste die lustige wirtschaft
wo das wort zum wirte geworden
bis alles verteilt
und alle gehabt.
Dorothea Kroll-Günzel, kda Nürnberg
(Foto: Discha-AS /Getty Images via Canva, bearb. kda Bayern)