„Im Namen unserer Bank bedauere ich natürlich, dass Sie als unser Kunde nicht die zu erwartenden Renditen erwirtschaften konnten.“ – „Es tut mir leid, liebe Kollegin, falls Sie sich von meinen direkten Worten angegriffen fühlen, aber wenn sie einmal sachlich auf die Situation schauen, dann könnten sie doch folgendes sehen.“ – „Natürlich ist es tragisch, dass einige Kinder in diesem Bergwerk zu Schaden gekommen sind. Uns sind da die Hände gebunden. Und Sie müssen auch sehen, dass diese Kinder ihre Familie mit ihrer Arbeit unterstützen konnten.“
Was haben diese Sätze gemeinsam? In allen drei Fällen ist jemand zu Schaden gekommen: der Bankkunde, der Geld verloren hat; die Mitarbeiterin, die von ihrem Vorgesetzten rund gemacht wurde; und Kinder, die sich bei der Arbeit in einem Bergwerk schwer verletzt haben. Aber nicht nur das. In allen drei Fällen wird eine Entschuldigung ausgesprochen, die wie eine Entschuldigung klingt, aber nicht wie eine wirkt. Kein Wunder, denn niemand übernimmt hier Verantwortung – weder für das, was geschehen ist, noch dafür, zukünftig anders zu handeln. Dass sich etwas wirksam ändert, ist daher nicht zu erwarten. Das ausgesprochene Mitgefühl klingt somit schal, vielleicht sogar kalkuliert.
Im Englischen gibt es einen Begriff für diese Art der Entschuldigung. Man redet von Nonpology, einer Apology (=Entschuldigung), die nicht (=Non) wirklich eine ist. Nonpologies haben oft genug einen rechtlichen Hintergrund. Wer sich öffentlich so entschuldigt, dass er vergangenes Fehlverhalten eingesteht, der kann dafür vor Gericht haftbar gemacht werden. Für Unternehmen oder Individuen kann das teuer werden. Selbst wenn Nonpologies daher auch eine zweckrationale Seite haben können, haben sie immer einen faden Beigeschmack. Man muss sich dazu nur einmal vor Augen führen, wie eine Welt aussähe, in der Entschuldigungen nur noch Nonpologies wären. Wollten wir in solch einer Welt leben?
Nonpologies weisen uns aber auch darauf hin, welch kreative Kraft in tatsächlich wirksamen Entschuldigungen liegen. Erst diese Entschuldigungen ermöglichen Neuanfänge. Solche Neuanfänge können wir uns ja an den eingangs genannten Beispielen ausmalen. Und wir können uns vorstellen, welche Art von Entschuldigung es dazu jeweils bräuchte. Wenn wir dies tun, sind wir schon auf der Spur dessen, wie von Entschuldigen im Horizont der biblischen Überlieferung gedacht wird. Dieses Denken kommt in dem biblischen Wort zum Ausdruck, das im Deutschen meist mit „Buße“ oder „Umkehr“ übersetzt wurde und doch zunächst einmal „Sinneswandel“ bedeutet. Kreativ ist eine Entschuldigung dann, wenn dieser Sinneswandel geschieht. In diesem Sinneswandel weicht man der Wirklichkeit der Schuld nicht aus, sondern entdeckt einen Neuanfang jenseits dieser Wirklichkeit für Schuldiger und Geschädigten. Man sucht und findet Wege, es anders, es besser zu machen. Und spart sich Nonpologies.
Peter Lysy, kda München
(Foto: mantinov/ Getty Images Pro via Canva)